15.11.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 299

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Urteil15.03.2005BundesgerichtshofVI ZR 289/03
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 162, 320Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 162, Seite: 320
  • JR 2006, 67Zeitschrift: Juristische Rundschau (JR), Jahrgang: 2006, Seite: 67
  • MDR 2005, 989Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2005, Seite: 989
  • NJ 2005, 272Zeitschrift: Neue Justiz (NJ), Jahrgang: 2005, Seite: 272
  • NJW 2005, 1716Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2005, Seite: 1716
  • r+s 2005, 480Zeitschrift: recht und schaden (r+s), Jahrgang: 2005, Seite: 480
  • VersR 2005, 834Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2005, Seite: 834
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Schwerin, Urteil, 7 O 42/98
  • Oberlandesgericht Rostock, Urteil12.09.2003, 8 U 44/03
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil15.03.2005

Arzt muss über Nebenwirkungen von Medikamenten aufklären

Bei möglichen schwerwiegenden Nebenwirkungen eines Medikaments ist neben dem Hinweis in der Gebrauchs­information des Pharma­her­stellers auch eine Aufklärung durch den das Medikament verordnenden Arzt erforderlich. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der u.a. für das Arzthaf­tungsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte über die Frage der Hinweispflicht des behandelnden Arztes über schwerwiegende Nebenwirkungen von verordneten Medikamenten zu entscheiden.

Die Klägerin begehrt Schadensersatz nach einer ärztlichen Behandlung durch eine Gynäkologin. Diese verordnete der 1965 geborenen Klägerin, welche eine Raucherin war, im November 1994 das Antikon­zep­ti­o­ns­mittel "Cyclosa", eine sog. Pille der dritten Generation, zur Regulierung ihrer Menstrua­ti­o­ns­be­schwerden. Die Klägerin nahm daraufhin das verordnete Medikament seit Ende Dezember 1994 ein. Im Februar 1995 erlitt sie einen Media­par­ti­a­linfarkt (Hirninfarkt, Schlaganfall), der durch die Wechselwirkung zwischen dem Medikament und dem von der Klägerin während der Einnahme zugeführten Nikotin verursacht wurde.

Ausweislich der dem Medikament beigefügten Gebrauchs­in­for­mation bestand bei Raucherinnen ein erhöhtes Risiko, an zum Teil schwerwiegenden Folgen von Gefäß­ver­än­de­rungen (z.B. Herzinfarkt oder Schlaganfall) zu erkranken. Dieses Risiko nahm mit zunehmendem Alter und steigendem Zigaret­ten­konsum zu. Deshalb sollten Frauen, die älter als 30 Jahre waren, nicht rauchen, wenn sie das Arzneimittel einnahmen.

Das Berufungs­gericht hat einen Schaden­s­er­satz­an­spruch abgelehnt. Auf die Revision der Klägerin hat der VI. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Er hat dazu ausgeführt:

Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Klägerin über die mit der Einnahme des Medikaments verbundenen Nebenwirkungen und Risiken zu informieren. Unter den hier gegebenen Umständen reiche der Warnhinweis in der Packungsbeilage des Pharma­her­stellers nicht aus. In Anbetracht der möglichen schweren Folgen, die sich für die Lebensführung der Klägerin bei Einnahme des Medikaments ergeben konnten und auch später verwirklicht haben, habe auch die Beklagte als das Medikament verordnende Ärztin darüber aufklären müssen, daß das Medikament in Verbindung mit dem Rauchen das erhebliche Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls in sich barg. Nur dann hätte die Klägerin ihr Selbst­be­stim­mungsrecht ausüben und sich entweder dafür entscheiden können, das Medikament einzunehmen und das Rauchen einzustellen, oder wenn sie sich als Raucherin nicht in der Lage sah, das Rauchen aufzugeben, auf die Einnahme des Medikaments wegen des bestehenden Risikos zu verzichten.

Die Sache wurde an das Berufungs­gericht zurückverwiesen, weil dieses zwar ebenfalls von einer bestehenden Aufklä­rungs­pflicht der Ärztin ausgegangen ist, aber mit einer wider­sprüch­lichen Begründung, die der revisi­ons­recht­lichen Prüfung nicht standgehalten hat, eine hypothetische Einwilligung der Klägerin in die Verordnung des Medikaments angenommen hat.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm)

der Leitsatz

BGB § 823

Bei möglichen schwerwiegenden Nebenwirkungen eines Medikaments ist neben dem Hinweis in der Gebrauchs­in­for­mation des Pharma­her­stellers auch eine Aufklärung durch den das Medikament verordnenden Arzt erforderlich.

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