Bundesgerichtshof Urteil09.12.2014
Autobahnsperrung nach Unfall: Betreiber einer Autobahnrastanlage steht kein Schadenersatzanspruch wegen Einnahmeausfällen zuUnfallverursacher kann nicht für Gewinnverlust haftbar gemacht werden
Wird aufgrund eines Unfalls für mehrere Tage ein Teilstück einer Autobahn gesperrt und kommt es dadurch zu Einnahmeausfällen bei einer Autobahnrastanlage, ist dafür nicht der Unfallverursacher haftbar zu machen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein mit einem Bagger beladener Sattelzug befuhr eine Autobahn. Da der Auslegearm des Baggers nicht vollständig abgesenkt war, stieß dieser mit einer Brücke zusammen. Die Brücke wurde dadurch erheblich beschädigt, sodass Einsturzgefahr bestand. Das betreffende Teilstück der Autobahn wurde daraufhin für mehrere Tage gesperrt. Dadurch kam es bei einer wenige Kilometer vom gesperrten Bereich entfernten Autobahnrastanlage zu Einnahmeausfällen. Die Betreiberin der Rastanlage klagte daraufhin gegen den Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung auf Schadenersatz in Höhe von fast 38.000 EUR. Das Landgericht Heidelberg und das Oberlandesgericht Karlsruhe verneinten jedoch das Vorliegen eines Schadenersatzanspruchs und wiesen die Klage daher ab. Dagegen richtete sich die Revision der Rastanlagenbetreiberin.
Bundesgerichtshof verneinte ebenfalls Schadenersatzanspruch wegen Einnahmeausfällen
Der Bundesgerichtshof folgte der Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision der Rastanlagenbetreiberin zurück. Ihr habe kein Schadenersatzanspruch wegen der Einnahmeausfälle zugestanden.
Keine Haftung als Halter bzw. Führer des Unfallfahrzeugs
Der Unfallverursacher habe nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht gemäß § 7 bzw. § 18 StVG für die Einnahmeausfälle der Rastanlagenbetreiberin gehaftet. Es habe insofern an einer "Beschädigung" der Autobahnrastanlage im Sinne der Vorschriften gefehlt. Zwar müsse für eine "Beschädigung" nicht zwingend die Substanz verletzt werden. Es genüge vielmehr auch eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Brauchbarkeit zur bestimmungsgemäßen Verwendung. Eine solche habe jedoch nicht vorgelegen. Die Funktionsfähigkeit der Anlage habe trotz der Sperrung weiterhin bestanden. Der ausgebliebene Kundenstrom habe daran nichts geändert. Denn die Brauchbarkeit einer Sache hänge nicht vom tatsächlichen Bedarf für die Verwendung der Sache ab.
Keine Haftung wegen Verletzung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften
Eine Haftung des Unfallverursachers habe sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs zudem nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verletzung eines Schutzgesetzes ergeben. Denn er habe nicht gegen ein Gesetz verstoßen, dass dem Schutz der Rastanlagenbetreiberin vor Gewinneinbußen zu dienen bestimmt war. Die verletzten Vorschriften (§ 18 Abs. 1 Satz, § 22 Abs. 2, § 23 Abs. 1 Satz 2, § 29 Abs. 3 und § 1 Abs. 2 StVO) haben allein dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs gedient, nicht jedoch dem Vermögensinteresse derjenigen, die von einer Verkehrsstörung und der daraus folgenden Beschränkung der Nutzbarkeit einer Straße betroffen sind.
Keine Haftung aufgrund Verletzung des berechtigten Besitzes der Rastanlagenbetreiberin
Die Rastanlagenbetreiberin habe ihren Schadenersatzanspruch auch nicht aus § 823 Abs. 1 BGB herleiten können, so der Bundesgerichtshof. Zwar schütze die Vorschrift den berechtigten Besitz. Dieser könne durch eine Hinderung der Nutzung der Sache auch verletzt sein. Ein solcher Fall habe hier hingegen nicht vorgelegen. Denn die Sperrung habe sich nicht unmittelbar auf die Rastanlage ausgewirkt. Sofern Kunden ausblieben habe dies allein das Vermögen der Rastanlagenbetreiberin betroffen, nicht jedoch ihre Rechtsposition als berechtigte Besitzerin.
Keine Haftung wegen Verletzung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs
Schließlich verneinte der Bundesgerichtshof auch einen Schadenersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. Eine solche Verletzung habe nicht vorgelegen. Der Unfall habe in keiner unmittelbaren Beziehung zum Gewerbetreib gestanden. Die Autobahnsperrung sei eine allgemeine Folge des Unfalls gewesen. Diese Folge habe die Rastanlagenbetreiberin rein zufällig getroffen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.02.2015
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)