Im zugrunde liegenden Fall beschloss eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Mai 2008 den Einbau einer Videoüberwachungsanlage, die den Eingangsbereich abdecken sollte. Hintergrund der Entscheidung war ein Farbanschlag im Eingangsbereich. In dem Protokoll zur Eigentümerversammlung wurde zudem festgehalten, dass die Überwachung eine temporäre Lösung sein soll. Im Mai 2010 beantragte eine Wohnungseigentümerin, die Anlage abzubauen. Dieser Antrag wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt. Zugleich wurde bekräftigt, die Anlage weiterlaufen zulassen, um einen Überblick über Prostitution und bordellartigen Betrieb zu haben. Die Wohnungseigentümerin klagte gegen den ablehnenden Beschluss.
Das Amtsgericht Schöneberg und das Landgericht Berlin wiesen die Klage ab. Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass ein Anspruch auf Entfernung der Videoüberwachungsanlage nicht bestanden habe. Die Eigentümergemeinschaft habe den Antrag auf Entfernung pflichtgemäß ablehnen dürfen. Denn der Beschluss über den Einbau der Anlage habe den Vorgaben des § 6 b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) entsprochen und sei daher nicht zu beanstanden gewesen. Gegen die Entscheidung legte die klagende Wohnungseigentümerin Revision ein.
Der Bundesgerichtshof führte zunächst aus, dass der Einbau einer Videoanlage zur Überwachung von Teilen des Gemeinschaftseigentums grundsätzlich zulässig sei, wenn die Überwachung durch die Gemeinschaft erfolgt und die Voraussetzung des § 6 b BDSG eingehalten werden. Zudem sei erforderlich, dass das Überwachungsinteresse der Gemeinschaft das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mitüberwacht werden, an dem Schutz ihrer Privatsphäre (Art. 2 GG, § 14 Nr. 1 WEG) überwiegt. Dies könne etwa der Fall sein, wenn die Gemeinschaft Straftaten gegen das Gemeinschaftseigentum und gegen die Bewohner der Anlage abwehren möchte. Dagegen dürfe die Videoüberwachungsanlage nicht dazu dienen, Ansprüche gegen einzelne Wohnungseigentümer durchzusetzen.
Darüber hinaus müssen die Regeln für den Betrieb der Überwachung durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft verbindlich festgelegt werden, so der Bundesgerichtshof weiter. Denn nur so könne gewährleistet werden, dass der Umfang der Überwachung und ihre Bedingungen für jeden transparent und jederzeit verifizierbar sind. Zudem müsse beachtet werden, dass keine angrenzenden öffentlichen Flächen oder andere Grundstücke mit überwacht werden und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wird. Es könne beispielsweise die Überwachung des Eingangsbereichs zulässig sein, nicht aber des gesamten Treppenhauses.
Der Bundesgerichtshof stellte im konkreten Fall fest, dass der Wohnungseigentümerin nach § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch auf Stilllegung der Videoüberwachungsanlage zustand. Es sei nämlich folgendes zu berücksichtigen gewesen: Ursprünglich sei der Einbau der Überwachungsanlage aufgrund des Farbanschlags beschlossen worden und zwar ohne förmliche zeitliche Begrenzung. Dennoch haben die Eigentümer die Videoüberwachung als temporäre Lösung angesehen. Zwei Jahre später habe sie jedoch eine Dauerlösung dargestellt. Sie sollte nunmehr nicht nur Schadensfälle und kriminelle Handlungen verhindern, sondern auch den Besucherverkehr im Hinblick auf die Ausübung von Prostitution überwachen. Die Bundesrichter sahen darin eine ganz erhebliche Veränderung der Umstände. Es sei zu einer schleichenden Erweiterung des Überwachungszwecks gekommen. Dies habe die Klägerin nicht hinnehmen müssen.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs habe der Weiterbetrieb der Überwachungsanlage keiner ordnungsgemäßen Verwaltung entsprochen. So habe es dem Beschluss zum Einbau der Anlage an einer hinreichend deutlichen Festlegung des Zwecks der Überwachung gefehlt. Zudem sei der Umfang und die Bedingungen der Überwachung unzureichend bis gar nicht geregelt worden. Ohne solche Regelungen habe sich aber eine Beeinträchtigung der Privatsphäre nicht verhindern lassen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.09.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)