18.10.2024
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Dokument-Nr. 14349

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Beschluss12.07.2012BundesgerichtshofV ZB 130/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • WM 2012, 1867Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2012, Seite: 1867
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Mühldorf a. Inn, Beschluss23.12.2010, K 147/09
  • Landgericht Traunstein, Beschluss18.04.2011, 4 T 32/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss12.07.2012

Grund­s­tücks­ver­stei­gerung: Kein Erfordernis einer Sicher­heits­leistung bei symbolischem Wert (1 Euro)Sicher­heits­leistung dient auch nicht der Abwendung rechts­miss­bräuch­licher Gebote

Ein Antrag auf Erbringung einer Sicherheit ist rechts­miss­bräuchlich, wenn ein symbolische Grundstückswert von 1 € festgesetzt wird. Es darf auch nicht zur Abwendung rechts­miss­bräuch­licher Gebote angeordnet werden. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden

Im zugrunde liegenden Fall ging es um die Versteigerung eines Grundstücks. Der Verkehrswert wurde dabei auf 1 € festgesetzt. In dem Verstei­ge­rungs­termin boten die Gläubigerin selbst 110.000 €, die Ersteherin 80.000 € und die Mitbieterin 115.000 €. Die Gläubigerin verlangte Sicherheit für das Gebot der Mitbieterin, welche nicht erbracht wurde. Das Gebot wurde daraufhin vom Vollstreckungsgericht zurückgewiesen. In dem Termin zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag trat die Gläubigerin ihr Gebot an die Ersteherin ab. Das Vollstre­ckungs­gericht erteilte ihr daraufhin den Zuschlag. Dagegen wendete sich die Mitbieterin.

Zuschlag an die Ersteherin rechtswidrig

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass der Zuschlags­be­schluss aufzuheben war, da das Vollstre­ckungs­gericht mit der Erteilung des Zuschlags an die Ersteherin gegen § 81 ZVG verstoßen hatte. Danach ist der Zuschlag dem Meistbietenden oder demjenigen zu erteilen, an den dieser das Recht aus dem Meistgebot abgetreten hatte. Meistbietender war hier aber nicht die Gläubigerin, sondern die Mitbieterin. Deren Gebot war das Höchste und war ungeachtet der Zurückweisung durch das Vollstre­ckungs­gericht wirksam.

Anordnung zur Sicher­heits­leistung nicht rechtmäßig

Der BGH führte weiter aus, dass nach § 70 Abs. 2 Satz 3 ZVG ein Gebot zurückzuweisen ist, wenn das Vollstre­ckungs­gericht eine Sicherheitsleistung für erforderlich erklärt hat und der Bieter diese Sicherheit nicht erbringt. Anordnen darf das Vollstre­ckungs­gericht die Sicher­heits­leistung nur auf Antrag eines Beteiligten, dessen Recht durch die Nichterfüllung des Gebotes beeinträchtigt würde. Der hier vorliegende Antrag der Gläubigerin war jedoch rechts­miss­bräuchlich und deswegen unzulässig. Die Anordnung somit rechtswidrig. Die Annahme eines Rechts­miss­brauchs kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ein berechtigtes Eigeninteresse an der Durchsetzung der in Anspruch genommen Rechtsposition fehlt. Ein berechtigtes Interesse an der geforderten Sicher­heits­leistung konnte der BGH hier aber nicht erkennen.

Kein schützenwertes Interesse an sinnlose Sicherheit

Die Sicher­heits­leistung nach § 67 Abs. 1 ZVG hat nach Ansicht des BGH im Wesentlichen zwei Zwecke: Sie soll einerseits dem durch die Nichterfüllung des Gebots Beein­träch­tigten eine gewisse Sicherheit gegen den Ausfall bieten und andererseits "wirklich zahlungs­un­fähige" Personen von vornherein vom Bieten abhalten. Dieser Zweck wird verfehlt, wenn für das Grundstück - wie hier - nur ein symbolischer Wert von 1 € festgesetzt wird. Dann hat nämlich auch die Sicherheit nur noch Symbolwert - hier ,10 € - und ihre Erbringung wird sinnlos. Eine solche Symbol­si­cherheit kann aber den Beteiligten keine Sicherheit gegen einen Ausfall geben und zahlungs­un­fähige Bieter nicht abschrecken.

Rechts­miss­bräuchliche Gebote führen zur Zurückweisung

Nach Auffassung des BGH lässt sich die Anordnung der Sicher­heits­leistung nicht mit dem Anliegen rechtfertigen, recht­miss­bräuchliche Gebote abzuwenden. Kann das Vollstre­ckungs­gericht mit den im Zwangs­ver­stei­ge­rungs­ver­fahren verfügbaren Mitteln feststellen, ob das Gebot rechts­miss­bräuchlich ist, wäre es zurückzuweisen, ohne dass es eines Antrags auf Leistung einer symbolischen Sicherheit bedarf.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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