14.11.2024
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Dokument-Nr. 5049

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Beschluss18.10.2007BundesgerichtshofStB 34/07
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Bundesgerichtshof Beschluss18.10.2007

Kein dringender Tatverdacht: BGH hebt Haftbefehl gegen terror­ver­dächtigen Berliner Soziologen aufMitglied­s­chaftliche Einbindung in "militante gruppe" läßt sich auch anders interpretieren

Ein Haftbefehl kann nur dann erlassen werden, wenn der Beschuldigte einer Tat dringend verdächtigt ist und deshalb mit großer Wahrschein­lichkeit verurteilt wird. Dies konnte der Bundes­ge­richtshof im Fall eines Berliner Soziologen, dem vorgeworfen worden war, er habe sich mitglied­s­chaftlich an der links­ex­tre­mis­tischen gewaltbereiten Organisation "militante Gruppe (mg)" beteiligt, nicht sehen. Er hat daher den Haftbefehl aufgehoben.

Der General­bun­des­anwalt führt gegen den Beschuldigten - einen promovierten Soziologen, der u. a. an der Berliner Humboldt-Universität beschäftigt ist - ein Ermitt­lungs­ver­fahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Auf seinen Antrag hatte der Ermitt­lungs­richter des Bundes­ge­richtshofs am 1. August 2007 Haftbefehl gegen den Beschuldigten erlassen. Dieser ist auf den Vorwurf gestützt, der Beschuldigte habe sich mitglied­s­chaftlich an der links­ex­tre­mis­tischen gewaltbereiten Organisation "militante Gruppe (mg)" beteiligt, der die Straf­ver­fol­gungs­be­hörden, insbesondere aufgrund entsprechender Selbst­be­zich­ti­gungs­schreiben, eine Serie von Brandanschlägen zurechnen, die seit mehreren Jahren überwiegend in dem Gebiet Berlin/Brandenburg begangen worden sind. Mit Beschluss vom 22. August 2007 hat der Ermitt­lungs­richter des Bundes­ge­richtshofs den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt, worauf der Beschuldigte aus der Unter­su­chungshaft entlassen worden ist. Gegen diesen Beschluss hat der General­bun­des­anwalt Beschwerde eingelegt.

Dieses Rechtsmittel hat der für Staats­schutz­straf­sachen zuständige 3. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs nunmehr zurückgewiesen und gleichzeitig den Haftbefehl aufgehoben. Die bisherigen Ermittlungen belegen zwar die Einbindung des Beschuldigten in die links­ex­tre­mis­tische Berliner Szene, seine Mitwirkung bei der Veröf­fent­lichung der letzten Ausgaben der aus dem Untergrund publizierten Szene­zeit­schrift "radikal" und auch seine - konspirativ angelegten - Kontakte zu zumindest einem Mitbe­schul­digten, der verdächtigt wird, als Mitglied der "militanten gruppe" am 31. Juli 2007 an einem versuchten Brandanschlag auf drei Lastkraftwagen der Bundeswehr beteiligt gewesen zu sein. All dies begründet zwar den Anfangsverdacht, dass der Beschuldigte selbst dieser Gruppierung angehört, weshalb gegen ihn mit Recht Ermittlungen der Straf­ver­fol­gungs­be­hörden geführt werden. Jedoch darf nach den Bestimmungen der Straf­pro­zess­ordnung (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) ein Haftbefehl nur dann erlassen werden, wenn der Beschuldigten einer Straftat dringend verdächtig ist. Dies ist nur der Fall, wenn die große Wahrschein­lichkeit besteht, dass er der ihm vorgeworfenen Tat schuldig ist und deswegen verurteilt werden wird. Eine solche Wahrschein­lichkeit, dass er sich an einer terroristischen Vereinigung mitglied­s­chaftlich beteiligt hat, kann im Fall des Beschuldigten zur Zeit nicht bejaht werden; denn die in den bisherigen Ermittlungen aufgedeckten Indizien sprechen nicht hinreichend deutlich für eine mitglied­s­chaftliche Einbindung des Beschuldigten in die "militante gruppe", sondern lassen sich ebenso gut in anderer Weise interpretieren.

Der Haftbefehl konnte schon aus diesem Grund keinen Bestand haben. Der 3. Strafsenat musste sich daher bei seiner Entscheidung nicht mit der Frage befassen, ob es sich bei der "militanten gruppe" nach den Maßstäben der einschlägigen Strafvorschrift (§ 129 a Abs. 2 Nr. 2 StGB) tatsächlich um eine terroristische Vereinigung handelt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 154/07 des BGH vom 24.10.2007

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