23.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 33538

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Urteil05.12.2023BundesgerichtshofKZR 46/21
Vorinstanzen:
  • Landgericht Magdeburg, Urteil08.01.2020, 7 O 302/18
  • Oberlandesgericht Naumburg, Urteil30.07.2021, 7 Kart 2/20
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil05.12.2023

Bundes­ge­richtshof zum Kartell­schadens­ersatz für geleaste LastkraftwagenSchadenersatz wegen Lastwagen-Kartells auch bei Leasing möglich

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass Ansprüche auf Ersatz von kartell­be­dingten Schäden auch Leasingnehmern und Mietkäufern von Lastkraftwagen zustehen können.

Die Klägerin nimmt die beklagte Daimler AG auf Ersatz kartell­be­dingten Schadens in Anspruch. Nach einem Vergleich mit den Betroffenen stellte die Europäische Kommission mit Beschluss vom 19. Juli 2016 fest, dass die Beklagte und mindestens vier weitere Hersteller, nämlich MAN, Volvo/Renault, Iveco und DAF durch Absprachen über Preise und Brutto­lis­ten­preis­er­hö­hungen für mittelschwere und schwere LKW sowie über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten für die Einführung von Emissi­ons­tech­no­logien für diese Fahrzeuge gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen haben. Für die Zuwiderhandlung, die sich über den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum erstreckte und vom 17. Januar 1997 bis zum 18. Januar 2011 andauerte, verhängte die Kommission gegen die Beklagte ein Bußgeld von gut einer Milliarde Euro. Die Streit­hel­fe­rinnen zu 1 bis 9 sind Konzern­un­ter­nehmen weiterer Hersteller von LKW, die dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten sind. Die Klägerin ist ein mittel­stän­disches Unternehmen, das im Baustoffhandel tätig ist. Sie nutzte auf der Grundlage von zwölf Leasing­ver­trägen und Mietkauf­ver­trägen im Zeitraum von Februar 2005 bis 2012 von der Beklagten sowie dem Konzern der Streit­hel­fe­rinnen zu 1 bis 3 hergestellte mittelschwere und schwere LKW. Das Landgericht hat ihre auf Schadensersatz in Höhe von 51.683,51 € gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungs­gericht die Klage wegen der zwischen 2005 und 2011 geschlossenen elf Leasing- und Mietkauf­verträge als dem Grunde nach gerechtfertigt erkannt (vgl. § 304 ZPO). Wegen des 2012 geschlossenen Leasingvertrags hat es die Klage abgewiesen; insoweit ist das Urteil rechtskräftig. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte, von den Streit­hel­fe­rinnen unterstützt, ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Durch Kartell­ab­sprachen entstandener Schaden wahrscheinlich

Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit Recht hat das Berufungs­gericht einen vorsätzlichen Verstoß der Beklagten gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV (Art. 81 EGV) sowie § 1 GWB festgestellt. Es hat zutreffend die Feststellungen im Kommis­si­ons­be­schluss für bindend erachtet und angenommen, dass die Beklagte vom 17. Januar 1997 bis 18. Januar 2011 an einer Koordinierung der Brutto­lis­ten­preise für mittelschwere und schwere LKW beteiligt war. Das wettbe­wer­bs­be­schränkende Verhalten war geeignet, einen Schaden der Klägerin zu begründen, weil sie Leasing- und Mietkauf­verträge über LKW geschlossen hat, die sachlich und zeitlich von den Absprachen erfasst waren. Der Klägerin ist aufgrund der Kartell­ab­sprache auch mit der für ein Grundurteil erforderlichen Wahrschein­lichkeit ein Schaden entstanden. Zugunsten der Abnehmer eines an einer Kartell­ab­sprache beteiligten Unternehmens streitet der Erfahrungssatz, dass die im Rahmen des Kartells erzielten Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die wettbe­wer­bs­be­schränkende Absprache gebildet hätten. Daraus folgt, dass auch die für kartell­be­troffene Produkte von einem Leasingnehmer oder Mietkäufer an eine Finan­zie­rungs­ge­sell­schaft zu entrichtenden Entgelte kartellbedingt überhöht sind, wenn die Leasing- oder Mietkauf­verträge - wie es hier der Fall war - auf die vollständige Deckung des jeweiligen Anschaf­fungs­preises gerichtet sind. Aufgrund der Art und Schwere des Kartell­ver­stoßes, der Marktabdeckung der Kartell­be­tei­ligten im Europäischen Wirtschaftsraum von mehr als 90 % und der Aufrecht­er­haltung des Kartells über 14 Jahre kommt dem Erfahrungssatz bei der erforderlichen Gesamtabwägung ein erhebliches Gewicht zu. Die Beklagte hat demgegenüber nicht erklärt, weshalb die Preis­ko­or­di­nierung trotz ihrer langen Dauer wirkungslos geblieben sei. Die Gründung und Aufrecht­er­haltung des Kartells trotz der damit verbundenen erheblichen Risiken ist ohne eine lohnenswerte Kartellrendite nicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund stehen die Vergleichs­ma­rkt­be­trach­tungen der Beklagten und der Streit­hel­fe­rinnen 1 bis 3, wonach nur ein insignifikanter Kartelleffekt eingetreten sein soll, für sich allein nicht der Annahme entgegen, dass jedenfalls ein Schaden in irgendeiner Höhe entstanden ist. Nunmehr wird das Landgericht im Betrags­ver­fahren über die Schadenshöhe zu befinden haben.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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