24.11.2024
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Dokument-Nr. 1207

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Bundesgerichtshof Urteil08.11.2005

Fußballvereine dürfen auch von Hörfunksendern Entgelt für die Berich­t­er­stattung aus den Stadien verlangen

Fußballvereine sind berechtigt, auch von Hörfunksendern für die Berich­t­er­stattung über Bundes­li­ga­heim­spiele ein besonderes Entgelt zu verlangen, wenn diese Berich­t­er­stattung aus den Stadien der Vereine erfolgt. Das hat der BGH entschieden.

Der HSV und FC St. Pauli sind, wie alle lizenzierten Vereine und Kapital­ge­sell­schaften, deren Mannschaften den Fußball-Lizenzligen angehören, Mitglied im sogenannten Ligaverband. Der DFB hat dem Ligaverband die „Verma­rk­tungs­rechte“ an der Bundesliga überlassen. Der Ligaverband hat diese Rechte seinerseits auf die DFL Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) übertragen. Anders als bei Fernseh­über­tra­gungen verlangten die Fußballvereine für die Radio­be­rich­t­er­stattung aus den Stadien bis zur Saison 1999/2000 kein Entgelt. Inzwischen hat die DFL für ihre Mitglieder Verma­rk­tungs­konzepte entwickelt, die die entgeltliche Vergabe von Verwer­tungs­rechten an Bundes­li­ga­spielen nicht nur für die Fernseh-, sondern auch für die Radio­be­rich­t­er­stattung sowie das Internet vorsehen. Danach sollen die Sender in jeder Bundes­li­ga­saison für die Radio­be­rich­t­er­stattung aus den Stadien vom Umfang der Berich­t­er­stattung abhängige Pauscha­l­zah­lungen leisten.

Radio Hamburg begehrt u.a. die Feststellung, dass dem HSV, dem FC St. Pauli und der DFL keine „Hörfunkrechte“ an den Bundes­li­ga­heim­spielen (der FC St. Pauli spielte in der Saison 2001/2002 in der 1. Bundesliga und 2002/2003 in der 2. Bundesliga) zustehen. Ferner will der Sender geklärt wissen, ob die verklagten Fußballvereine für die Nutzung der Presseplätze, die Teilnahme an allen Presse­kon­fe­renzen, den Zutritt zu Mixed-Zonen, einen Arbeitsplatz und technische Dienst­leis­tungen, eine über die Summe der hierfür aufgewandten Kosten (Aufwen­dungs­ersatz) und über das sonst übliche Eintritt­s­entgelt hinausgehende Vergütung verlangen können. Das Landgericht Hamburg hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlan­des­gericht Hamburg zurückgewiesen.

Der Kartellsenat des Bundes­ge­richtshofs hat die Entscheidungen der Vorinstanzen im Ergebnis bestätigt und die von Radio Hamburg eingelegte Revision zurückgewiesen.

Nach dem Urteil dürfen die beklagten Fußballvereine als Veranstalter der Spiele bestimmen, dass mit dem Erwerb einer Eintrittskarte noch nicht die Befugnis zur Rundfunk­be­rich­t­er­stattung aus dem Stadion erworben wird. Darin liegt weder ein Verstoß gegen das Behinderungs- und Diskri­mi­nie­rungs­verbot des § 20 Abs. 1 GWB noch gegen das Verbot, eine markt­be­herr­schende Stellung durch die Forderung von Entgelten mißbräuchlich auszunutzen, die von denjenigen Entgelten abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrschein­lichkeit ergeben würden (§ 19 Abs. 1, 2 Nr. 2 GWB). Den beklagten Fußballvereinen steht als (Mit-)Veranstaltern der Heimspiele ihrer Mannschaften das aus §§ 858 ff., 1004 BGB abzuleitende Hausrecht zur Seite. Das Hausrecht bildet eine ausreichende Grundlage dafür, den Zutritt von Hörfunk­ver­an­staltern von der Entrichtung von Entgelten für die Hörfunk­be­rich­t­er­stattung aus dem Stadion abhängig zu machen. Das Hausrecht ermöglicht seinem Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er die Örtlichkeit zugänglich macht und wem nicht. Dies schließt das Recht ein, den Zutritt – auch als Voraussetzung für die Radio­be­rich­t­er­stattung - von Bedingungen wie der Zahlung eines Entgelts abhängig zu machen.

Die sachliche Rechtfertigung dafür, dass für die Möglichkeit zur Radio­be­rich­t­er­stattung ein höheres Entgelt als der normale Eintrittspreis verlangt wird, sieht der Bundes­ge­richtshof darin, dass ein Hörfunk­ver­an­stalter den ihm gewährten Zutritt zum Stadion und zu dem dort veranstalteten Spiel intensiver nutzt als ein normaler Zuschauer oder auch Pressevertreter. Das wird auch an den Leistungen deutlich, die Radio Hamburg für seine Radio-Reporter in Anspruch nimmt (Presseplätze, Teilnahme an allen Presse­kon­fe­renzen, Zutritt zu den „Mixed-Zonen“, Arbeitsplatz und technische Dienst­leis­tungen).

Die Rundfunk­freiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) verleiht Radio Hamburg nicht das Recht, den der Öffentlichkeit gewährten Zutritt zum Stadion und zum Spiel gegen bloßen Aufwen­dungs­ersatz zu nutzen. Denn die Veranstaltung der Bundes­li­ga­spiele steht ihrerseits unter dem verfas­sungs­recht­lichen Schutz der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Müsste der Veranstalter Rundfun­k­über­tra­gungen von Bundes­li­ga­spielen unentgeltlich ermöglichen, wäre ihm ein Teil der wirtschaft­lichen Verwertung seiner Leistung genommen.

Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die Vermarktung von „Hörfunkrechten“ nicht dazu führen darf, dass der Hörfunk­ver­an­stalter – etwa durch eine vertragliche Verpflichtung zur Verbreitung redaktioneller Beiträge zum Thema Fußball – in der freien Gestaltung seines Programms und der aktuellen und von Dritten unbeeinflussten Information seiner Hörer behindert wird.

Erläuterungen

Vorinstanzen:

LG Hamburg - Urteil vom 26. April 2002 – 308 O 415/01

OLG Hamburg - Urteil vom 12. Juni 2003 – 5 U 67/02

Quelle: ra-online, BGH

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