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Dokument-Nr. 35187

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Urteil02.07.2025BundesgerichtshofIV ZR 93/24
Vorinstanzen:
  • Landgericht Bielefeld, Urteil18.01.2024, 19 O 124/22
  • Oberlandesgericht Hamm, Beschluss26.06.2024, I-10 U 14/24
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil02.07.2025

Patient hat Testierfreiheit und darf seinem Hausarzt ein Grundstück versprechenBGH zur Wirksamkeit einer Zuwendung von Todes wegen an einen den Erblasser behandelnden Arzt trotz berufs­s­tän­dischen Zuwen­dungs­verbotes

Der unter anderem für das Erbrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass eine Zuwendung von Todes wegen zugunsten des Hausarztes des Erblassers nicht deshalb unwirksam ist, weil sie gegen ein den Hausarzt treffendes berufs­s­tän­disches Zuwen­dungs­verbot verstößt.

Der Kläger ist Insol­venz­ver­walter über das Vermögen eines Hausarztes, der den Erblasser seit 2015 behandelt hatte. Im Januar 2016 schloss der Erblasser mit dem Hausarzt sowie der ihn pflegenden Beklagten und deren Tochter vor einem Notar eine als "Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag" bezeichnete Vereinbarung. In dieser verpflichtete sich der Hausarzt gegenüber dem Erblasser zu verschiedenen ärztlichen Leistungen, unter anderem zu medizinischer Beratung und Behandlung, zu Hausbesuchen und telefonischer Erreichbarkeit sowie zu Betreu­ungs­leis­tungen im häuslichen Bereich. Als Gegenleistung sollte der Arzt im Falle des Todes des Erblassers das Eigentum an einem dem Erblasser gehörenden Grundstück erhalten.

Im März 2016 verfügte der Erblasser in einem notariellen Testament, dass ihn die Beklagte hinsichtlich seines im Vertrag vom Januar 2016 nicht erfassten Vermögens allein beerben solle.

Im Januar 2018 verstarb der Erblasser. Die Beklagte nahm seinen Nachlass in Besitz. Im Dezember 2019 wurde über das Vermögen des Hausarztes das Insol­venz­ver­fahren eröffnet. Der Kläger hat als Insol­venz­ver­walter die Beklagte auf Übertragung des dem Arzt in der Vereinbarung vom Januar 2016 zugewandten Grundstücks an die Insolvenzmasse in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt.

Das Berufungs­gericht hat die Zuwendung des Grundstücks an den Hausarzt als Vermächtnis ausgelegt. Aus diesem könne der Kläger aber zugunsten der Insolvenzmasse keinen Anspruch aus § 2174 BGB herleiten, denn es sei gemäß den §§ 134, 2171 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam. Dem Hausarzt sei ein standes­recht­licher Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung der örtlich zuständigen Ärztekammer Westfalen-Lippe (BO-Ä) vorzuwerfen. Mit dem ihm zugewandten Grundstück habe er sich von einem Patienten einen anderen Vorteil im Sinne dieser Regelung versprechen lassen. Die Unwirksamkeit der Vermächt­ni­s­a­n­ordnung schränke auch die verfas­sungs­rechtlich geschützte Testierfreiheit des Erblassers nicht ungerecht­fertigt ein.

Mit seiner vom IV. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Die Zuwendung des Grundstücks an den Hausarzt im Wege des Vermächtnisses ist nicht wegen Verstoßes gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 BO-Ä unwirksam. Der Senat hat nicht festgestellt, ob das Vermächtnis diese Vorschrift tatsächlich verletzt. Denn ein - unterstellter - Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 BO-Ä führt nicht zur Unwirksamkeit des Vermächtnisses gemäß den §§ 134, 2171 Abs. 1 BGB.

§ 32 Abs. 1 Satz 1 BO-Ä regelt als berufs­s­tän­dische Vorschrift das Verhältnis zwischen dem Arzt und der für ihn zuständigen Landes­ärz­te­kammer. Die Vorschrift verbietet deshalb nur ein Verhalten des Arztes, dem es nicht gestattet ist, Geschenke oder andere Vorteile zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen. Nicht geschützt von diesem Verbot wird hingegen der zuwendende Patient oder die Erwartung seiner Angehörigen, diesen zu beerben. Die Vorschrift zielt darauf ab, die Unabhängigkeit des behandelnden Arztes sowie das Ansehen und die Integrität der Ärzteschaft zu sichern. Dies kann durch berufs­rechtliche Sanktionen von Seiten der Ärztekammer ausreichend sichergestellt werden.

Auch die in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Testierfreiheit des Patienten verbietet es, ein zugunsten des behandelnden Arztes angeordnetes Vermächtnis wegen Verstoßes gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 BO-Ä für unwirksam zu halten. Für eine Beschränkung der Testierfreiheit des Patienten fehlt schon eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Gesetz­ge­be­rische Entscheidungen, die für die Ausübung von Grundrechten wie der Testierfreiheit wesentlich sind, müssen durch den Gesetzgeber in einem Parla­ments­gesetz getroffen werden und dürfen nicht anderen Normgebern, wie hier einem Berufsverband, überlassen werden. Darüber hinaus ist der Eingriff in die Testierfreiheit des Patienten unver­hält­nismäßig. Das Interesse des Patienten, eine Verfügung von Todes wegen frei von offenem oder verstecktem Druck des ihn behandelnden Arztes errichten zu können, kann den Eingriff nicht rechtfertigen, weil dieses Interesse durch § 32 Abs. 1 Satz 1 BO-Ä nicht geschützt wird.

Der Senat hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben. Er hat die Sache an das Berufungs­gericht zurückverwiesen, das den Parteien noch Gelegenheit geben muss, zu einem von ihm bislang nicht geprüften Verstoß der Vereinbarung des Vermächtnisses in dem Erbvertrag gegen die guten Sitten vorzutragen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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