21.11.2024
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Dokument-Nr. 22084

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Bundesgerichtshof Urteil13.01.2016

BGH: Klauseln betreffend Kosten­über­schuss­beteiligung der Versi­che­rungs­nehmer in Riester-Renten­ver­si­cherungs­verträgen unwirksamKlauseln sind intransparent und wecken falsche Erwartungen bei den Versicherungs­nehmern

Zwei Klauseln betreffend die Kosten­über­schuss­beteiligung der Versi­che­rungs­nehmer in Riester-Renten­ver­si­cherungs­verträgen sind unwirksam. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der unter anderem für das Versi­che­rungs­ver­tragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat zwei Teilklauseln in den Bedingungen von Riester-Renten­ver­si­che­rungs­ver­trägen eines deutschen Versi­che­rungs­un­ter­nehmens, welche die Kosten­über­schuss­be­tei­ligung der Versi­che­rungs­nehmer betreffen, für intransparent und deshalb unwirksam erklärt. Damit bleibt es bei dem auf Klage zweier Verbrau­cher­schutz­verbände von der Vorinstanz (OLG Stuttgart) gegenüber dem Versicherer ausgesprochenen Verbot, diese Klauseln weiterhin zu verwenden.

Das Trans­pa­renzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt vom Verwender Allgemeiner Geschäfts­be­din­gungen, dass die Rechte und Pflichten des Vertrags­partners möglichst klar und durchschaubar dargestellt sind und die Klauseln darüber hinaus die wirtschaft­lichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Eine Regelung hält deshalb einer Trans­pa­renz­kon­trolle unter anderem dann nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird.

Nach Auffassung des Senats wecken die beanstandeten Textstellen

"Wir beteiligen Sie nach § 153 Versi­che­rungs­ver­trags­gesetz (VVG) an den Überschüssen …."

und - speziell zur Verteilung u.a. von Überschüssen aus Kosten­ein­spa­rungen -

"Auch von diesen Überschüssen erhalten die … Versi­che­rungs­nehmer mindestens den in der jeweils aktuellen Fassung der MindZV genannten Prozentsatz (derzeit … 50 Prozent …)."

bei dem Versi­che­rungs­in­ter­es­senten die Erwartung, in jedem Falle an den Kosten­über­schüssen beteiligt zu werden, während ihm entgegen der insoweit scheinbar unein­ge­schränkten Zusage nicht ausreichend verdeutlicht wird, dass Renten­ver­si­che­rungs­verträge, deren Garantiekapital ein von der Beklagten in ihrem Geschäfts­bericht festzusetzendes Volumen (derzeit 40.000 €) unterschreitet, aufgrund weiterer, an anderer Stelle getroffener Regelungen von der Beteiligung an Kosten­über­schüssen von vornherein ausgeschlossen sind. Einen so weitgehenden und grundsätzlichen Ausschluss kann der durch­schnittliche Vertrag­s­in­ter­essent, auf dessen Sicht es insoweit maßgeblich ankommt, dem Bedingungswerk nicht ausreichend entnehmen. Die Bedingungen enthalten keinen hinreichenden Hinweis darauf, dass Verträge mit geringem Garantiekapital, die nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts unstreitig 30 bis 50 % des Riester-Renten­ver­si­che­rungs­verträge-Bestandes der Beklagten ausmachen, von der Beteiligung an den Kosten­über­schüssen gänzlich ausgeschlossen werden sollen. Das erschließt sich erst über eine Kette von komplizierten Verweisungen, die bis zum jährlichen Geschäfts­bericht des beklagten Versicherers führen, wo an nicht hervorgehobener Stelle darüber informiert wird, dass der für die Kosten­über­schuss­be­tei­ligung maßgebliche Zusatz­über­schus­santeil nur bei Versicherungen mit laufender Beitragszahlung und - bei so genannten Grundbausteinen - bestimmten Garan­tie­ka­pi­tal­grenzen gewährt wird.

Soweit die Beklagte darauf verwiesen hat, ihr Vertei­lungs­system sei sachgerecht und entspreche inhaltlich den gesetzlichen Vorgaben, ist das Berufungs­gericht dem nicht entge­gen­ge­treten. Darauf kommt es hier auch nicht an. Maßgebend ist nach der Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs vielmehr, dass die von den Klägern angegriffenen Klauseln beim durch­schnitt­lichen Versi­che­rungs­in­ter­es­senten die Erwartung erweckten, in jedem Falle immerhin mit einer Mindest­be­tei­ligung auch an den Kosten­über­schüssen zu partizipieren. Der Versicherer hat aber die Pflicht, den Versi­che­rungs­in­ter­es­senten das Nachteilsrisiko - mag es auch systembedingt zwangsläufig sein und wirtschaftlich nicht schwer wiegen (nach der Behauptung der Beklagten wären beispielsweise bei gleichmäßiger Verteilung des im Jahr 2012 insgesamt für die Kosten­über­schuss­be­tei­ligung verwendeten Betrages von 300.000 € auf jeden Vertrag rechnerisch lediglich 60 Cent entfallen) - aufzuzeigen, weil es geeignet ist, deren Anlage­ent­scheidung zu beeinflussen.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pn/pt)

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