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- Landgericht Heilbronn, Urteil08.07.2010, 4 O 280/09
- Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil12.05.2011, 7 U 144/10
- Landgericht Heilbronn, Urteil08.07.2010, 4 O 284/09
- Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil18.07.2011, 7 U 146/10
- Landgericht Heilbronn, Urteil08.07.2010, 4 O 222/09
- Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil25.07.2011, 7 U 152/10
- Landgericht Freiburg, Urteil12.06.2009, 5 O 354/07
- Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil18.11.2010, 4 U 130/09
- Landgericht Konstanz, Urteil10.06.2009, 4 O 89/08
- Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil30.11.2010, 9 U 75/09
Bundesgerichtshof Urteil12.07.2012
Bundesgerichtshof zu Schadensersatz- und Erfüllungsansprüchen gegen den englischen Lebensversicherer Clerical MedicalVersicherten müssen die in Auszahlungsplänen versprochenen Gelder ausgezahlt werden
Der Bundesgerichtshof hatte in mehreren Verfahren darüber zu entscheiden, welche Ansprüche Versicherungsnehmern des englischen Lebensversicherer Clerical Medical Investment Ltd. zusteht, bei dem sie in den Jahren 2001 und 2002 kreditfinanzierte Lebensversicherungsverträge des Produkttyps "Wealthmaster Noble" abgeschlossen hatten.
Den Verfahren IV ZR 151/11 und 164/11 lag dabei folgender Sachverhalt zugrunde:
Bei den anteilsgebundenen Lebensversicherungen haben die Kläger gegen Zahlung eines Einmalbetrags Anteile an einem "Pool mit garantiertem Wertzuwachs", dem "Euro-Pool 2000EINS" erworben. Die Verträge, die die Kläger jeweils aufgrund einer Werbung durch "Untervermittler" geschlossen haben, sind eingebettet in ein Anlagemodell "Europlan". Dieses sieht vor, dass die Zinsen für das Bankdarlehen durch vertraglich bedungene Auszahlungen aus der Lebensversicherung zu entrichten sind und im Übrigen durch einen Investmentfonds ein Kapitalstock gebildet wird, der bei Endfälligkeit des Darlehens zu dessen Tilgung verwendet werden soll, während weitere über diesen Zeitpunkt hinausreichende Auszahlungen den Versicherungsnehmern als fortlaufende Rente zur Verfügung stehen sollen.
Versicherung reduziert zugewiesene Anteile und damit einhergehenden jährlich mitgeteilten Vertragswert
Nachdem der Wertzuwachs der den Klägern zugeteilten Poolanteile in der Folgezeit nicht ausreichte, um die zunächst getätigten Auszahlungen in vollem Umfang zu decken, reduzierte die Beklagte unter Berufung auf ihre Versicherungsbedingungen die Anzahl der den Klägern zugewiesenen Anteile und damit den jährlich mitgeteilten Vertragswert.
Kläger rügen Bewerbung unrealistischer Renditeerwartungen durch Versicherung und machen Schadensersatzansprüche geltend
Die Kläger verfolgen in erster Linie Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit den Vertragsabschlüssen. Sie berufen sich u.a. darauf, dass die Beklagte mit unrealistischen Renditeerwartungen geworben habe bzw. durch ihre Untervermittler habe werben lassen, und verlangen Ersatz des ihnen durch Abschluss der Verträge entstandenen Vertrauensschadens, insbesondere Freistellung von den Verbindlichkeiten aus den Darlehensverträgen. Hilfsweise begehren sie die Erfüllung des Auszahlungsplans ohne Rücknahme von Anteilen.
OLG verurteilt Versicherung zur Erfüllung des festgelegten Auszahlungsplans
In der Vorinstanz hat das Oberlandesgericht Stuttgart in beiden Verfahren die Beklagte jeweils zur Erfüllung des in den Versicherungsscheinen festgelegten Auszahlungsplans verurteilt. Die primär geltend gemachten Schadensersatzansprüche hat es im Hinblick auf das Bestehen dieser Erfüllungsansprüche abgewiesen.
BGH bejaht Verpflichtung der Versicherung zur Erfüllung der vorgesehenen Auszahlungspläne
Auf die Revisionen der Parteien hat der Bundesgerichtshof die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Hierfür waren im Wesentlichen folgende Gründe maßgebend: Auf Grundlage der schriftlichen Vertragsunterlagen ist anzunehmen, dass die Verpflichtung der Beklagten zur Erfüllung der in den Versicherungsscheinen vorgesehenen Auszahlungspläne nicht unter dem Vorbehalt einer ausreichenden Kapitaldeckung steht. Die objektive Auslegung der in die Verträge einbezogenen Policenbedingungen der Beklagten ergibt keine wirksame Einschränkung dieser Verpflichtung. Die vom Oberlandesgericht Stuttgart insoweit ausgesprochenen Verurteilungen konnten nur deshalb nicht bestehen bleiben, weil dieses dem unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten, dass die Parteien den fraglichen Klauseln aufgrund entsprechender Erläuterungen des Vermittlers beim Vertragsabschluss übereinstimmend ein von dem Ergebnis objektiver Auslegung abweichendes Verständnis beigelegt hätten, nicht nachgegangen war. Insoweit bedarf es weiterer Feststellungen.
Wirtschaftlicher Nachteil für Begründung eines Schadens ausreichend
Weiter hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht allein wegen des Bestehens der vorstehend genannten Auszahlungsansprüche abgewiesen werden durften. Insoweit ist es für einen Schaden ausreichend, dass der abgeschlossene Vertrag sich für die Kläger auch ungeachtet bestehender Erfüllungsansprüche als wirtschaftlich nachteilig darstellt, weil er sie - u.a. aufgrund der eingegangenen Darlehensverpflichtungen - in ihrer wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit beeinträchtigt und ihren Anlagezielen nicht entspricht.
Versicherung hat Pflicht zur Aufklärung
Zu den Schadensersatzansprüchen hat der Senat ferner ausgeführt, dass der Abschluss der Lebensversicherung "Wealthmaster Noble" sich bei wirtschaftlicher Betrachtung in erster Linie als ein Anlagegeschäft darstellt, weshalb die Beklagte wie bei sonstigen Anlagegeschäften auch verpflichtet war, die Kläger bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen vollständig über alle Umstände zu informieren, die für ihren Anlageentschluss von besonderer Bedeutung waren. In diesem Rahmen muss die Beklagte sich nach § 278 BGB das Handeln und die Erklärungen der tätig gewordenen Untervermittler zurechnen lassen, da sie im Rahmen eines so genannten Strukturvertriebs die mit dem Vertrieb der Lebensversicherung in Deutschland verbundenen Aufgaben selbständigen Vermittlern überlassen hat.
Kläger erhielten bei Beratung unzutreffendes, zu positives Bild der zu erwartenden Rendite
Die bestehenden Aufklärungspflichten hat die Beklagte nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt vor allem dadurch verletzt, dass sie den Klägern ein unzutreffendes, zu positives Bild der zu erwartenden Rendite gegeben hat. Den Klägern wurden Musterberechnungen übergeben, die auf einer Renditeprognose von 8,5 % basieren, obwohl die Beklagte selbst nur eine Rendite von 6 % als realistisch angesehen hat, was in den Hinweisen zu den Musterberechnungen nicht ausreichend deutlich kenntlich gemacht ist.
Versicherung hätte über tatsächliche Höhe der ausgezahlten Rendite informieren müssen
Des Weiteren war die Beklagte zu einer verständlichen Information darüber verpflichtet, dass sie im Rahmen des von ihr praktizierten Glättungsverfahrens ("smoothing") nach eigenem Ermessen darüber entscheidet, in welcher Höhe eine tatsächlich erzielte Rendite an die Versicherungsnehmer weitergeben wird und in welcher Höhe sie in Reserven fließt. Sie musste ferner darüber aufklären, dass die mit den Beiträgen der Kläger gebildeten Reserven auch zur Erfüllung der Garantieansprüche der Anleger anderer Pools verwendet werden können (Problem der Quersubventionierung).
Regelungen zur "Marktpreisanpassung" unwirksam
Die in den Policenbedingungen enthaltenen Regelungen zur "Marktpreisanpassung" hat der Senat für unwirksam erachtet, weil sie gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen.
In drei weiteren ähnlich gelagerten Fällen hat der Senat die Berufungsurteile ebenfalls mit entsprechenden Begründungen aufgehoben und die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Berufungsgerichte zurückverwiesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.07.2012
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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