21.11.2024
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Sie sehen mehrere Chips und Würfel, wie sie im Casino verwendet werden.

Dokument-Nr. 1487

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Bundesgerichtshof Urteil15.12.2005

Spielsüchtige können ihr Geld zurückfordernBGH bejaht Anspruch eines antragsgemäß gesperrten Spielers gegen die Spielbank auf Erstattung verspielter Geldbeträge

Die Klägerin, die mit einem "spielsüchtigen" Mann verheiratet ist, und die beklagte Betreiberin öffentlich-rechtlich konzes­si­o­nierter Spielcasinos in Nordrhein-Westfalen streiten über die rechtliche Tragweite von "Selbstsperren", die die Beklagte auf Wunsch der Spieler gegen diese ausgesprochen hat.

In den Casinos der Beklagten befinden sich neben dem abgesperrten und Perso­nen­kon­trollen unterliegenden Bereich des "Großen Spiels" auch Automa­ten­spielsäle, die ohne Perso­nen­kon­trolle betreten werden können. An den Eingängen zu diesen Sälen sind Hinweisschilder angebracht, wonach minderjährigen, gesperrten oder nicht zum Spiel zugelassenen Personen der Zutritt zum Spielsaal/Automatensaal nicht gestattet ist und im Falle eines Spielverlustes für diese Personen kein Anspruch auf Rückerstattung der Spieleinsätze, im Falle eines Gewinns weder ein Anspruch auf Rückerstattung der Spieleinsätze noch auf Auszahlung der Gewinne besteht. In dem Bereich, der keiner Perso­nen­kon­trolle unterliegt, befinden sich Tele-cash-Geräte, mit deren Hilfe Besucher Geld von ihren Konten abheben können. Die Bedienung der Telecash-Geräte erfolgt in der Weise, dass den Mitarbeitern der Beklagten eine Scheckkarte übergeben wird, die sodann nach Eingabe der entsprechenden PIN-Nummer durch den Spieler - den gewünschten Betrag an den Spieler auszahlen.

Der Ehemann der Klägerin hob an einem Tag im Dezember 1997 mittels der Tele-cash-Geräte 20 mal je 500 DM von seinem Konto ab, die er vollständig an den in den Automa­ten­spielsälen befindlichen Geräten verspielte. Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns die Rückzahlung der verspielten Beträge.

Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass sich die "Selbstsperre" ihrem Inhalt nach (der vom Ehemann der Klägerin im Januar 1997 unterschriebene Antrag enthielt den Hinweis: "Mir ist weiterhin bekannt, dass diese Selbstsperre nur für das 'Große Spiel' vorgemerkt wird und für das Automatenspiel nicht berücksichtigt werden kann, weil meine persönlichen Daten im Automatenspiel nicht registriert werden und damit kei-ne Überwa­chungs­mög­lichkeit besteht") nicht auf das Spiel an Automaten erstreckt habe. Des weiteren hat sie geltend gemacht, dass nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs (Urteil vom 31. Oktober 1995 XI ZR 6/95) die Nichtbeachtung einer "Selbstsperre" durch den Betreiber eines Spielcasinos diesen nicht zum Ersatz der Spielverluste des gesperrten Spielers verpflichte.

Die Vorinstanzen haben die beklagte Spielbank antragsgemäß zur Rückzahlung verurteilt. Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der III. Zivilsenat hat in Abkehr von der Entscheidung des XI. Zivilsenats einen Anspruch gegen die Spielbank bejaht.

Anders als bei einer einseitigen Sperre geht es bei einer solchen auf Antrag des Spielers nicht nur um die Geltendmachung des Hausrechts der Spielbank, die lediglich als Reflex zugunsten des Kunden wirken mag, sondern darum, dass die Spielbank dem von ihr als berechtigt erkannten Indivi­du­al­in­teresse des Spielers entsprechen will. Die Spielbank geht daher mit der Annahme des Antrags eine vertragliche Bindung gegenüber dem Antragsteller ein, die auch und gerade dessen Vermö­gen­s­in­teresse schützt, ihn vor den aufgrund seiner Spielsucht zu befürchtenden wirtschaft­lichen Schäden zu bewahren.

Ihrem Inhalt nach war die von der Beklagten übernommene vertragliche Verpflichtung darauf gerichtet, in ihren Betrieben das Zustandekommen von Spielverträgen mit dem gesperrten Spieler zu verhindern. Diese Verpflichtung bestand allerdings nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren, insoweit aber auch für den hier in Rede stehenden Bereich des Automatenspiels. Der in dem Antrag enthaltene Hinweis auf mangelnde Überwa­chungs­mög­lich­keiten beim Automatenspiel besagte nicht etwa, dass der gesperrte Spieler uneingeschränkt zum Automatenspiel zugelassen werde. Deshalb stand die Einschränkung einer Überwa­chungs­pflicht dort nicht entgegen, wo eine solche Überwachung ohne weiteres möglich und zumutbar war. In rechts­feh­ler­freier tatrich­ter­licher Würdigung hat das Berufungs­gericht festgestellt, dass zumindest bei den hier in Rede stehenden Telecash-Abhebungen für die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten hinreichender Anlass bestanden hätte, eine Kontrolle durch-zuführen, ob der Ehemann der Klägerin zu den gesperrten Spielern zählte. Auch die technischen Möglichkeiten hierfür hatten, wie das Berufungs­gericht weiter feststellt, bestanden.

Der Beklagten fiel somit eine positive Vertrags­ver­letzung zur Last, die sie zur Rückzahlung der verlorenen Spieleinsätze verpflichtete.

Erläuterungen

Vorinstanzen:

AG Münster Urteil vom 11. Februar 2004 - 55 C 3513/03

LG Münster Urteil vom 24. Februar 2005 - 8 S 81/04

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 174/05 des BGH vom 15.12.2005

der Leitsatz

BGB §§ 157 C, 133 B

a) Eine wunschgemäß erteilte Spielsperre kann Ansprüche auf Ersatz von Spielverlusten begründen, wenn die Spielbank die Sperre nicht durch ausreichende Kontrollen durchsetzt.

b) Eine Spielbank kann bei einer antragsgemäß - im Gegensatz zu einer einseitig - verhängten Spielsperre Schutzpflichten haben, die auf Wahrnehmung der Vermö­gen­s­in­teressen ihrer Gäste gerichtet sind (Abweichung von BGH, Urteil vom 31. Oktober 1995 - XI ZR 6/95 = BGHZ 131, 136).

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