21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Bundesgerichtshof Urteil28.04.2005

BGH lehnt Maßnahmen wie Fixierung oder Fesselung kranker Senioren zur Vermeidung von Unfällen abBGH zur Pflicht des Trägers eines Pflegewohnheims, die körperliche Unversehrtheit der Heimbewohner zu schützen

Beim Schutz alter Menschen in Heimen vor Stürzen muss die Würde und Selbst­stän­digkeit der Bewohner gewahrt bleiben. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Der III. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat folgenden Fall entschieden: Die klagende Allgemeine Ortskran­kenkasse Berlin machte gegen die beklagte Trägerin eines Alten­pfle­ge­wohnheims einen kraft Gesetzes (§ 116 SGB X) übergegangenen Schaden­s­er­satz­an­spruch einer bei einem Unfall verletzten Heimbewohnerin geltend. Die Klägerin ist gesetzlicher Kranken­ver­si­cherer einer im Jahre 1912 geborenen Rentnerin, die seit 1997 in einem von der Beklagten betriebenen Pflegewohnheim lebt. In den Jahren 1994 bis 1998 hatte die Versicherte sich bei drei Stürzen jeweils erhebliche Verletzungen zugezogen. Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Pflege­gut­achtens ist sie hochgradig sehbehindert, zeitweise desorientiert und verwirrt; ihr Gang ist sehr unsicher. Sie ist der Pflegestufe III zugeordnet. Am 27. Juni 2001 wurde sie in der Zeit der Mittagsruhe in ihrem Zimmer vor ihrem Bett liegend aufgefunden. Sie hatte sich eine Oberschen­kel­hals­fraktur zugezogen, derentwegen sie stationär und anschließend ambulant behandelt werden mußte.

Die Klägerin war der Auffassung, daß der Unfall auf eine Pflicht­ver­letzung der Beklagten zurückzuführen ist. Sie lastete der Beklagten insbesondere an, diese habe es versäumt, die sturzgefährdete Bewohnerin in ihrem Bett zu fixieren, zumindest die Bettgitter hochzufahren. Außerdem hätte die Beklagte der Bewohnerin Hüftschutzhosen (Protektorhosen) anlegen müssen, durch die die Gefahr eines Knochenbruchs bei einem Sturz gemindert worden wäre.

Das Landgericht hat der auf Ersatz der von der Klägerin getragenen Heilbe­hand­lungs­kosten gerichteten Klage im wesentlichen stattgegeben; das Kammergericht in Berlin hat sie abgewiesen und die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, unter welchen Voraussetzungen ein Pflegeheim für Verletzungen einzustehen hat, die sich ein Heimbewohner während des Heimauf­ent­haltes zuzieht.

Der III. Zivilsenat hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Zwar erwuchsen der beklagten Heimträgerin aus den jeweiligen Heimverträgen Obhutspflichten zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der ihr anvertrauten Heimbewohner. Ebenso bestand eine inhaltsgleiche allgemeine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht zum Schutz der Bewohner vor Schädigungen, die diesen wegen Krankheit oder einer sonstigen körperlichen oder geistigen Einschränkung durch sie selbst oder durch die Einrichtung und bauliche Gestaltung des Altenheims drohten. Diese Pflichten sind allerdings begrenzt auf die in Pflegeheimen üblichen Maßnahmen, die mit einem vernünftigen finanziellen und personellen Aufwand realisierbar sind. Maßstab müssen das Erforderliche und das für die Heimbewohner und das Pflegepersonal Zumutbare sein, wobei insbesondere auch die Würde und die Selbständigkeit der Bewohner zu wahren sind.

Im vorliegenden Fall war der Unfallhergang im einzelnen nicht mehr aufklärbar. Das Berufungs­gericht hatte es mit Recht abgelehnt, der Klägerin Bewei­ser­leich­te­rungen im Sinne einer Beweis­la­st­umkehr zugute kommen zu lassen. Allein aus dem Umstand, daß die Heimbewohnerin im Bereich des Pflegeheims der Beklagten gestürzt war und sich dabei verletzt hatte, konnte nicht auf eine schuldhafte Pflicht­ver­letzung des Pflegepersonals der Beklagten geschlossen werden. Darlegungs- und beweispflichtig war vielmehr insoweit die Klägerin als Anspruch­stellerin. Nach den Besonderheiten des Falles bestand für das Pflegepersonal insbesondere kein hinreichender Anlaß, die Bewohnerin im Bett zu fixieren, mindestens aber die Bettgitter hochzufahren. In rechts­feh­ler­freier tatrich­ter­licher Würdigung hatte das Berufungs­gericht eine schuldhafte Pflicht­ver­letzung auch nicht darin erblickt, daß die Mitarbeiter der Beklagten es unterlassen hatten, der Bewohnerin Hüftschutzhosen (Protektorhosen) anzulegen, durch die die Gefahr eines Knochenbruchs bei einem Sturz gemindert worden wäre. Die Klägerin hatte weder konkret vorgetragen, noch unter Beweis gestellt, mit welchem Grad an Wahrschein­lichkeit Verletzungen, wie sie die Bewohnerin erlitten hatte, durch das Tragen dieser Schutz­vor­richtung zu verhindern gewesen wären.

Hinweis auf die Vorinstanzen: LG Berlin - 28 O 336/02 ./. KG Berlin - 12 U 107/03

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

der Leitsatz

BGB § 276 a.F. Hb; § 282 a.F.; § 823

a) Zur Pflicht des Trägers eines Pflegewohnheims, die körperliche Unversehrtheit der Heimbewohner zu schützen.

b) Zur Beweislast für eine schuldhafte Pflicht­ver­letzung des Pflegepersonals bei einem Unfall im Heim.

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