18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 14461

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Urteil25.10.2012BundesgerichtshofIII ZR 266/11
Vorinstanzen:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil29.06.2010, 2/23 O 453/08
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil21.09.2011, 1 U 184/10
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil25.10.2012

Honorar-Streit zwischen Betriebsrat und beauftragtem Berater zur Unterstützung des BetriebsratsWirksame Vertrags­grundlage setzt Anspruch des Beraters auf Vergütung voraus

Der unter anderem für das Dienst­ver­tragsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte über die gegen einen Betriebsrat und seine Vorsitzenden gerichtete Vergütungsklage einer auf die Beratung von Betriebsräten spezialisierten Gesellschaft zu entscheiden.

Nachdem der Betriebsrat eines an mehreren Standorten tätigen Unternehmens mit mehr als 300 Arbeitnehmern den Beschluss gefasst hatte, sich im Verfahren über einen Inter­es­se­n­aus­gleich gemäß § 111 Satz 2 des Betrie­bs­ver­fas­sungs­ge­setzes (BetrVG) von der Klägerin betrie­bs­wirt­schaftlich beraten zu lassen, erteilte der Betriebsratsvorsitzende der Klägerin einen Beratungs­auftrag. Die Klägerin nimmt nunmehr sowohl den Betriebsrat als Gremium als auch den Betrie­bs­rats­vor­sit­zenden und die stell­ver­tretende Betrie­bs­rats­vor­sitzende auf Zahlung von Honorar für die von ihr erbrachten Beratungs­leis­tungen in Anspruch, deren genauer Umfang und Gegenstand zwischen den Parteien streitig ist.

Berufungs­gericht verwirft Klage mangels Rechts­schutz­be­dürf­nisses als unzulässig

Die Vorinstanzen haben die gegen den Betrie­bs­rats­vor­sit­zenden und die stell­ver­tretende Betrie­bs­rats­vor­sitzende gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungs­gericht hat die gegen den Betriebsrat als Gremium gerichtete Klage mangels Rechts­schutz­be­dürf­nisses als unzulässig verworfen.

Anspruch auf Befreiung der Verbindlichkeit nur bei wirksamer vertraglicher Grundlage

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Aufbauend auf der Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts zur Vermögens- und Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im Verhältnis zum Arbeitgeber ist eine Vermögens- und - daraus folgend - eine Rechtsfähigkeit des Betriebsrats auch im Verhältnis zu Dritten (hier: dem Beratungs­un­ter­nehmen) anzunehmen, soweit die mit dem Dritten getroffene Vereinbarung innerhalb des gesetzlichen Wirkungskreises des Betriebsrats liegt. Der gegen den Arbeitgeber gerichtete Anspruch des Betriebsrats gemäß § 40 Absatz 1 BetrVG auf Befreiung von der gegenüber dem Berater bestehenden Verbindlichkeit setzt notwendig das Bestehen einer eigenen Verpflichtung des Betriebsrats gegenüber dem Dritten voraus. Ohne wirksame vertragliche Grundlage würde der Dritte auch kaum den Betriebsrat beraten.

Schutzwürdige Interessen des Beraters grenzen Vertrags­wirk­samkeit nicht ein

Ein Vertrag, den der Betriebsrat zu seiner Unterstützung gemäß § 111 Satz 2 BetrVG mit einem Beratungs­un­ter­nehmen schließt, ist indes nur insoweit wirksam, als die vereinbarte Beratung zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich sowie das versprochene Entgelt marktüblich ist und der Betriebsrat daher einen Koste­n­er­stattungs- und Freistel­lungs­an­spruch gegen den Arbeitgeber gemäß § 40 Absatz 1 BetrVG hat. Denn nur in diesem Umfang ist der Betriebsrat vermögens- und daher auch rechtsfähig. Schutzwürdige Interessen des Beraters stehen einer solchen Begrenzung der Vertrags­wirk­samkeit nicht entgegen, da eine weitergehende rechts­ge­schäftliche Verpflichtung des Betriebsrats für den Berater mangels eines über den Koste­n­er­stattungs- und Freistel­lungs­an­spruch hinaus gehenden Vermögens des Betriebsrats regelmäßig wertlos ist.

Vertrags­un­wirk­samkeit bei Überschreitung der Funktions- und Handlungs­fä­higkeit des Betrie­bs­rats­vor­sit­zenden

Die Grenzen des dem Betriebsrat bei der Beurteilung der Erfor­der­lichkeit der Beratung zustehenden Spielraums sind im Interesse seiner Funktions- und Handlungs­fä­higkeit nicht zu eng zu ziehen. Soweit sie von dem Betrie­bs­rats­vor­sit­zenden bei der Beauftragung des Beratungs­un­ter­nehmens dennoch überschritten werden, ist der von ihm für den Betriebsrat geschlossene Vertrag nicht wirksam. Der Betrie­bs­rats­vor­sitzende kann insoweit gegenüber dem Beratungs­un­ter­nehmen entsprechend den Grundsätzen des Vertreters ohne Vertre­tungsmacht (§ 179 des Bürgerlichen Gesetzbuches) haften, es sei denn das Beratungs­un­ter­nehmen kannte die mangelnde Erfor­der­lichkeit der Beratung oder musste sie kennen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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