15.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 2087

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Urteil16.03.2006BundesgerichtshofIII ZR 152/05
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2006, 454Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2006, Seite: 454
  • FamRZ 2007, 384Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2007, Seite: 384
  • MDR 2006, 1033Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2006, Seite: 1033
  • MMR 2006, 453Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2006, Seite: 453
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Würzburg, Urteil15.02.2005, 16 C 2202/04
  • Landgericht Würzburg, Urteil29.06.2005, 42 S 486/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil16.03.2006

BGH zur Zahlungs­ver­pflichtung bei R-GesprächenEltern müssen Gebühren für teure R-Gespräche nicht zahlen

Eltern müssen die von ihren Kindern entgegen genommen teuren R-Gespräche (Rückruf-Gespräche) nach einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs (BGH) nicht bezahlen. Offen ließ der BGH, ob ein Preis von 2,9 Ct / Sekunde Wucher darstellt.

Die Klägerin, ein Unternehmen, das Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­dienst­leis­tungen erbringt, verlangt von der Beklagten die Zahlung von Entgelten für so genannte R-Gespräche in Höhe von 593,06 €. Bei diesen Telefonaten trägt nicht der Anrufer, sondern der Angerufene die Kosten.

Die von der Klägerin vermittelten Gespräche kamen, wenn der Anruf von einem Mobil­te­le­fonnetz ausging, folgendermaßen zustande: Der Anrufer wählte eine kostenlose, mit der Ziffernfolge 0800 beginnende Rufnummer der Klägerin sowie die Nummer des Anschlusses, mit dem das Gespräch geführt werden sollte und sprach seinen Namen. Die Klägerin stellte sodann die Verbindung her. Der Angerufene hörte zunächst die gebührenfreie automatische Ansage "Hallo, Sie haben ein R-Gespräch von (Name). Dieser Teilnehmer ruft Sie aus dem deutschen Mobilnetz an. Möchten Sie dieses Gespräch für nur 2,9 Cent pro Sekunde entgegennehmen, dann drücken Sie jetzt die Eins und die Zwei." Folgte er dieser Aufforderung, wurde zum Anrufer durchgestellt. Unterließ der Angerufene die Annahme, wurde die Verbindung für ihn kostenfrei beendet.

Die Beklagte unterhält einen Festnetz­an­schluss bei einem von der Klägerin verschiedenen Telefon­un­ter­nehmen, über den im Juni 2003 mehrere auf diese Weise aus einem Mobilfunknetz vermittelte Telefonate geführt wurden. Gegen die Entgelt­for­derung der Klägerin hat sich die Beklagte mit der Begründung gewehrt, die Telefonate habe ihre seinerzeit 16-jährige Tochter geführt, ohne hierfür eine Erlaubnis gehabt zu haben.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung der Klägerin ist die Beklagte zur Zahlung des verlangten Entgelts verurteilt worden. Das Berufungs­gericht hat zur Begründung ausgeführt, auf die Frage, wer die R-Gespräche geführt habe, komme es nicht an. Die Beklagte müsse sich jedenfalls das Verhalten ihrer Tochter nach den Grundsätzen der Anscheins­vollmacht zurechnen lassen.

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz mit der Maßgabe zurückverwiesen, dass über die Behauptung der Beklagten, nicht sie selbst, sondern ihre Tochter habe die Telefonate geführt, Beweis zu erheben ist.

Der Inhaber eines Telefo­n­an­schlusses wird zwar aus den im Wege der Nutzung seines Netzzugangs durch Dritte geschlossenen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­dienst­leis­tungs­ver­trägen - über die Grundsätze der Duldungs- und Anscheins­vollmacht sogar hinausgehend - verpflichtet, wenn er die Inanspruchnahme des Anschlusses zu vertreten hat (§ 16 Abs. 3 Satz 3 TKV*). Gleichwohl haftet die Beklagte nicht, falls ihre Tochter die R-Gespräche geführt hat. Den Anschluss­inhaber trifft keine Obliegenheit, durch technische Vorkehrungen die Entgegennahme von R-Gesprächen durch Dritte über seinen Netzzugang zu verhindern. Die derzeit in Betracht kommenden Maßnahmen, wie z.B. Sperre der eigenen Rufnummer bei dem Anbieter von R-Gesprächen, Vollsperre des Anschlusses für Dritte, Tastensperre der Ziffern 1 und 2, Einrichtung einer Warteschleife oder Ausschaltung des Tonwahl­ver­fahrens, sind zur Abwehr dieses Dienstangebots unzumutbar. Dies mag sich ändern, wenn der Anschluss­inhaber, wie es ein Gesetzentwurf vorsieht, die Möglichkeit erhält, sich durch Aufnahme in eine bei der Regulie­rungs­behörde geführte Sperrliste, die R-Gesprächs­an­bietern zur Verfügung steht, vor diesem Dienst zu schützen. Die Beklagte war auch nicht gehalten, ihrer Tochter vorsorglich die Entgegennahme von R-Gesprächen zu verbieten, da dieser Dienst und dessen hohe Kosten­träch­tigkeit im maßgebenden Zeitraum (Juni 2003) nach dem bisherigen Sach- und Streitstand einem durch­schnitt­lichen Telefo­n­an­schluss­inhaber nicht geläufig sein mussten.

Der III. Zivilsenat hat ferner entschieden, dass ein Recht auf Widerruf der auf Abschluss eines Vertrages über die Herstellung eines R-Gesprächs gerichteten Willen­s­er­klärung gemäß § 312 d Abs. 3 BGB** nicht besteht, wenn der Angerufene das Gespräch durch Wahl einer Tasten­kom­bi­nation am Telefonapparat annimmt.

Das Berufungs­gericht wird weiter, soweit es hierauf noch ankommen sollte, zu prüfen haben, ob der von der Klägerin verlangte Preis wucherisch überhöht ist.

Erläuterungen

*§ 16 Abs. 3 TKV: Nachweis der Entgelt­for­de­rungen

(3) Dem Anbieter obliegt der Nachweis, die Leistung bis zu der Schnittstelle, an der der allgemeine Netzzugang dem Kunden bereitgestellt wird, technisch einwandfrei erbracht und richtig berechnet zu haben. Ergibt die technische Prüfung Mängel, die die beanstandete Entgel­ter­mittlung beeinflusst haben könnten, wird widerleglich vermutet, dass die Verbin­dungs­entgelte des Anbieters unrichtig ermittelt sind. Ist der Nachweis erbracht, dass der Netzzugang in vom Kunden nicht zu vertretendem Umfang genutzt wurde, oder rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass die Höhe der Verbin­dungs­entgelte auf Manipulationen Dritter an öffentlichen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­netzen zurückzuführen ist, ist der Anbieter nicht berechtigt, die betreffenden Verbin­dungs­entgelte vom Kunden zu fordern.

** § 312 d BGB Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernab­satz­ver­trägen (in der hier maßgeblichen, 2003 geltenden Fassung)

(1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernab­satz­vertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. Anstelle des Widerrufsrechts kann dem Verbraucher bei Verträgen über die Lieferung von Waren ein Rückgaberecht nach § 356 eingeräumt werden.

(2)...

3) Das Widerrufsrecht erlischt bei einer Dienstleistung auch, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder der Verbraucher diese selbst veranlasst hat.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 44/06 des BGH vom 16.03.2006

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