15.11.2024
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Dokument-Nr. 5770

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Urteil17.03.2008BundesgerichtshofII ZR 45/06
Vorinstanzen:
  • Landgericht Bayreuth, Urteil17.06.2005, 32 O 673/04
  • Oberlandesgericht Bamberg, Urteil30.12.2005, 1 U 149/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil17.03.2008

Abfin­dungs­ansprüche außenstehender Aktionäre (§ 305 AktG) im Konkurs der die Abfindung schuldenden Gesellschaft

Die Kläger waren Aktionäre der A.-AG, vormals H.-AG. Der Beklagte ist Konkurs­ver­walter der EKU AG. Sie hatte mit der H.-AG im Jahre 1988 einen Beherrschungs- und Gewin­n­ab­füh­rungs­vertrag abgeschlossen, der u. a. die Verpflichtung der EKU AG vorsah, Aktien der außenstehenden Aktionäre der H.AG auf deren Verlangen hin gegen eine Barabfindung zu erwerben. Gegen die in diesem Vertrag vorgenommene Festlegung der Abfindungshöhe hatten mehrere außenstehende Aktionäre ein gerichtliches Spruchverfahren eingeleitet.

Während des laufenden Spruch­ver­fahrens wurde der Unter­neh­mens­vertrag zwischen der EKU AG und der H.-AG aufgehoben. Zugleich wurde ein neuer Vertrag, der eine höhere Abfindung zugunsten der Aktionäre der H.-AG vorsah, zwischen der H.-AG und der M.-AG geschlossen, welche zwischen­zeitlich die Aktienmehrheit an der EKU AG erworben hatte und später ebenfalls in Konkurs ging. Nachdem die Kläger ihre Aktien dem Beklagten jeweils erfolglos zum Kauf angedient hatten, verkauften die Kläger die Aktien und begehren nunmehr mit ihren Klagen im Wesentlichen die Feststellung von Schaden­s­er­satz­ansprüchen zur Konkurstabelle. Beide Vorinstanzen haben die Klagen im Ergebnis teilweise für begründet erachtet. Auf die beiderseitigen Revisionen hatte sich der II. Zivilsenat mit der Frage zu befassen, ob und ggf. inwieweit die geltend gemachten Abfindungs- bzw. Schaden­s­er­satz­ansprüche aus dem aufgehobenen Unter­neh­mens­vertrag bestehen.

Der Senat hat entschieden, dass die Abfin­dungs­ansprüche der außenstehenden Aktionäre (§ 305 Abs. 1 AktG) aus den beiden Unter­neh­mens­ver­trägen wahlweise nebeneinander bestehen und im Grundsatz auch im Konkurs eines die Abfindung schuldenden Unternehmens geltend gemacht werden können, der Konkurs­ver­walter aber die Wahl hat, den Aktienerwerb abzulehnen. In diesem Fall können die Aktionäre einen Schaden­s­er­satz­an­spruch unter Anrechnung eines anderweitig erzielten Verkaufserlöses für die Aktien zur Konkurstabelle anmelden und erhalten darauf die Konkursquote. Im hier gegebenen Fall des Konkurses beider Abfin­dungs­schuld­ne­rinnen sind diese bzw. ihre Konkurs­ver­walter wie Gesamtschuldner zu behandeln (§ 68 KO). Ansprüche auf Abfin­dungs­zinsen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) können für die Zeit ab Konkur­s­er­öffnung nicht geltend gemacht werden (§ 63 Nr. 1 KO). Eine abschließende Entscheidung war dem Senat allerdings verwehrt, weil das Berufungs­gericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Kläger zur Zeit der Aufhebung des im Jahr 1988 geschlossenen Unter­neh­mens­ver­trages bereits Aktionäre der H. AG waren, was nach der neueren Rechtsprechung des Senats Voraussetzung für jegliche Abfin­dungs­ansprüche der Kläger wäre. Die Sache wurde deshalb unter Aufhebung des Berufungs­urteils an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 54/08 des BGH vom 17.03.2008

der Leitsatz

AktG § 305; EG-InsO § 103; KO §§ 17, 26, 63 Nr. 1, 68

a) Der mit dem Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewin­n­ab­füh­rungs­ver­trages begründete Abfin­dungs­an­spruch der außenstehenden Aktionäre gegen Übertragung ihrer Aktien auf das herrschende Unternehmen (§ 305 Abs. 1 AktG) besteht im Grundsatz auch dann fort, wenn während eines laufenden Spruch­ver­fahrens das Konkurs- bzw. das Insol­venz­ver­fahren über das Vermögen des herrschenden Unternehmens eröffnet wird. Entsprechend den Grundsätzen zu §§ 17, 26 Satz 2 KO, 103 InsO (vgl. dazu BGHZ 150, 353, 359; 155, 87, 90) kann der Aktionär "ei-ne Forderung wegen der Nichterfüllung" als Konkurs- bzw. Insol­venz­gläubiger gel-tend machen, wenn der Konkurs- bzw. Insol­venz­ver­walter den Erwerb der ihm innerhalb der Frist des § 305 Abs. 4 Satz 3 AktG angedienten Aktien ablehnt. Der Erlös aus einem Deckungsverkauf der Aktien ist auf die Abfindung, nicht auf die Abfin­dungs­zinsen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) anzurechnen

b) Die Abfin­dungs­ansprüche aus einem Unter­neh­mens­vertrag überdauern grundsätzlich dessen Aufhebung während eines laufenden Spruch­ver­fahrens (BGHZ 135, 374) und entfallen auch nicht ohne weiteres durch den Abschluss eines neuen Unter­neh­mens­ver­trages mit einem anderen herrschenden Unternehmen. Dieses sowie die bisherige Abfin­dungs­schuldnerin können vielmehr wahlweise auf Zahlung der jeweiligen Abfindung in Anspruch genommen werden. Im Konkurs beider sind sie wie Gesamtschuldner zu behandeln, soweit sich ihre Verpflichtungen decken (§ 68 KO).

c) Abfin­dungs­zinsen (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) können für die Zeit nach Konkur­s­er­öffnung nicht geltend gemacht werden (§ 63 Nr. 1 KO).

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