18.10.2024
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Dokument-Nr. 999

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Bundesgerichtshof Urteil19.09.2005

Bundesgerichtshof Urteil19.09.2005

Die zeitliche Beschränkung der Beteiligung von Managern und Mitarbeitern an der sie anstellenden GmbH ist zulässigBGH: Kein Verstoß gegen das "Hinaus­kün­di­gungs­verbot"

Der für das Gesell­schaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte in zwei Verfahren über die Zulässigkeit von sog. Manager- und Mitar­bei­ter­mo­dellen zu entscheiden. Bei diesen Perso­na­l­füh­rungs­kon­zepten werden den Geschäfts­führern und/oder verdienten Mitarbeitern einer GmbH Minder­heits­be­tei­li­gungen an der Gesellschaft übertragen, und zwar entweder unentgeltlich oder gegen einen günstigen, meist an dem Nennwert des Anteils orientierten Preis. Zugleich wird vereinbart, dass der Anteil zurück übertragen werden muss, wenn der Geschäftsführer bzw. Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet. Das hat ebenfalls unentgeltlich bzw. zu dem für den Erwerb gezahlten Preis zu geschehen, ohne Rücksicht auf etwaige Wertstei­ge­rungen.

Auf diesem Wege erhalten die Manager bzw. Mitarbeiter den Status von "Mitge­sell­schaftern", die Manager können sich sogar "geschäfts­füh­render Gesellschafter" nennen. Über die jährlichen Gewin­n­aus­schüt­tungen werden sie an dem von ihnen miterzielten wirtschaft­lichen Erfolg ihres Unternehmens beteiligt. Sinn dieses Modells ist es, die Motivation des Geschäfts­führers und der Mitarbeiter zu stärken, sie an das Unternehmen zu binden und - bei den Mitar­bei­ter­mo­dellen - für andere Mitarbeiter einen Anreiz zu schaffen, durch loyales Verhalten ebenfalls in den Genuss einer solchen Gesell­schaf­ter­stellung zu kommen.

In dem einen zur Entscheidung anstehenden Fall geht es um ein bekanntes Elektro- und Unter­hal­tungs­elek­tronik- Handels­un­ter­nehmen, das seine mehreren hundert Filialen in der Rechtsform der GmbH organisiert hat und daran den jeweiligen "Vor-Ort-Geschäftsführer" als Gesellschafter mit einem Anteil von 10 % beteiligt. Nachdem einer dieser Geschäftsführer abberufen und entlassen worden war, entstand Streit über die Frage, ob sein Gesell­schafts­anteil entsprechend der Vereinbarung an die Holding-Gesellschaft zurück übertragen werden musste.

In dem anderen Fall hatte der Gründungs- und Mehrheits­ge­sell­schafter eines mittel­stän­dischen Unternehmens verdiente Mitarbeiter durch eine Gesell­schafts­be­tei­ligung ausgezeichnet. Eine Mitarbeiterin war aus dem Betrieb ausgeschieden. Auch hier kam es wegen der vorgesehenen Rückübertragung zu einem Prozess. In beiden Fällen beriefen sich der ehemalige Geschäftsführer bzw. die ausgeschiedene Mitarbeiterin auf eine ursprünglich für das Perso­nen­ge­sell­schaftsrecht entwickelte, später auch in das GmbH-Recht übertragene Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs, wonach eine sog. "Hinaus­kün­di­gungs­klausel" unwirksam ist.

Das betraf Fälle, in denen vereinbart worden war, dass ein Gesellschafter oder eine Gruppe von Gesellschaftern das Recht haben sollten, die anderen Gesellschafter ohne Angabe von Gründen auszuschließen. Der Bundes­ge­richtshof hatte solche Vereinbarungen als gegen § 138 BGB verstoßend mit der Begründung verworfen, jedes Mitglied einer Perso­nen­ge­sell­schaft oder einer GmbH müsse seine Rechte und Pflichten unabhängig von dem Wohlwollen der Mehrheit in Selbst­ver­ant­wortung ausüben können und dürfe nicht unter dem "Damoklesschwert" des jederzeitigen Ausschlusses stehen. Das gilt entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht, die die Figur des "Gesellschafters minderen Rechts" anerkennt, grundsätzlich auch dann, wenn der betreffende Gesellschafter seine Beteiligung geschenkt oder zu einem besonders günstigen Preis erhalten hat.

In den jetzt zu entscheidenden Fällen hat der Senat diese Rechtsprechung - wie schon in zwei in den letzten zwölf Monaten ergangenen Urteilen - bestätigt, davon aber wie bisher eine Ausnahme gemacht, wenn sachliche Gründe für eine derartige Hinaus­kün­di­gungs­mög­lichkeit bestehen. Bei den Manager- und Mitar­bei­ter­mo­dellen hat er einen solchen sachlichen Grund angenommen. Dabei ist er davon ausgegangen, dass die Geschäftsführer und Mitarbeiter ihre Gesell­schaf­ter­stel­lungen nur treuhän­der­ähnlich halten und dass sie kein berechtigtes Interesse haben, auch nach ihrem Ausscheiden noch an der Gesellschaft beteiligt zu sein.

Umgekehrt ist die Einräumung von solchen Beteiligungen überhaupt nur möglich, wenn die Anteile am Ende der Unter­neh­mens­zu­ge­hö­rigkeit zurückgegeben werden müssen und wenn der Ausscheidende in diesem Zusammenhang nicht einen Kaufpreis erhält, der die weitere Durchführung des Modells verhindert. Die weitgehend risikolose Mitgliedschaft bei Erwartung erheblicher Beteiligung am Erfolg des Unternehmens durch Gewin­n­aus­schüt­tungen rechtfertigt diese für alle Teile vorteilhafte und von der Dispo­si­ti­o­ns­freiheit des Gesetzes getragene Gestaltung.

Vorinstanzen:

LG Hannover - 22 O 174/02 ./. OLG Celle - 9 U 124/03

und

LG Darmstadt - 16 O 51/02 ./. OLG Frankfurt in Darmstadt - 13 U 89/03

Quelle: Pressemitteilung Nr. 127/2005 des Bundesgerichtshofs vom 20.09.2005

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