15.11.2024
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Dokument-Nr. 545

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Urteil17.05.2001BundesgerichtshofI ZR 216/99
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2001, 777Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2001, Seite: 777
  • MDR 2002, 45Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2002, Seite: 45
  • MMR 2001, 666Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2001, Seite: 666
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil17.05.2001

Mitwohnzentrale.de: Gattungs­be­zeich­nungen als Domain-Namen zugelassenEntscheidung im Streit um "Mitwohnzentrale.de"

Der beklagte Verband, in dem unter anderem 25 deutsche Mitwohn­zen­tralen organisiert sind, hat sich den Domain-Namen "Mitwohnzentrale.de" registrieren lassen. Auf der Homepage sind die Mitglieder nach Städten geordnet mit Telefon- und Faxnummern sowie mit E-Mail-Adressen aufgeführt. Dagegen wandte sich ein konkurrierender Verband, in dem 40 Mitwohn­zen­tralen organisiert sind und der im Internet unter "HomeCompany.de" auftritt.

Gattungs­be­griffe und Branchen­be­zeich­nungen – so dieser klagende Verband – seien im Internet freizuhalten. Der Begriff "Mitwohnzentrale" habe sich als übliche Branchen­be­zeichnung für die Kurzzeit­ver­mietung von Wohnraum durchgesetzt und dürfe nicht von einem Wettbewerber monopolisiert werden. Außerdem sei die Bezeichnung "Mitwohnzentrale.de" irreführend, weil sie den Eindruck erwecke, man finde dort das Angebot sämtlicher Mitwohn­zen­tralen.

Vor dem Landgericht und Oberlan­des­gericht Hamburg hatte der Kläger Erfolg. Der beklagte Verband wurde verurteilt, die Verwendung des Domain-Namens "Mitwohnzentrale.de" ohne unterscheidende Zusätze zu unterlassen. Das OLG Hamburg stellte sich auf den Standpunkt, die Verwendung von Gattungs­be­zeich­nungen als Domain-Namen sei unlauter und daher generell nach § 1 UWG verboten. Der Beklagte fange mit seinem Domain-Namen den Teil der Interessenten ab, die durch Eingabe eines Gattungs­be­griffs als Internet-Adresse nach Angeboten suchten. Diese Kunden gelangten zufällig auf die Homepage der Beklagten mit der Folge, daß nach anderen Wettbewerbern aus Bequemlichkeit nicht mehr gesucht werde und ein Leistungs­ver­gleich unterbleibe. Dies führe zu einer erheblichen Kanalisierung der Kundenströme in Richtung auf die Homepage der Beklagten und könne eine nachhaltige Beein­träch­tigung des Wettbewerbs zur Folge haben.

Der Bundes­ge­richtshof ist dem nicht gefolgt. Vielmehr hat er mit seiner Entscheidung die verbreitete Übung, Gattungs­be­griffe als Internet-Adresse zu verwenden, als rechtmäßig anerkannt. Das beanstandete Verhalten paßt – so der BGH – in keine der Fallgruppen, die die Rechtsprechung zur Konkretisierung des Verbots von "Handlungen, die gegen die guten Sitten verstoßen" (§ 1 UWG) entwickelt hat, und gibt auch keinen Anlaß zur Bildung einer neuen Fallgruppe. Allein mit dem Argument einer Kanalisierung der Kundenströme lasse sich eine Wettbe­wer­bs­wid­rigkeit nicht begründen. Ein Abfangen von Kunden sei nur dann unlauter, wenn sich der Werbende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung des Kaufent­schlusses aufzudrängen. So verhalte es sich hier aber nicht. Denn mit der Verwendung des Gattungs­be­griffs habe der Beklagte nur einen sich bietenden Vorteil genutzt, ohne dabei in unlauterer Weise auf bereits dem Mitbewerber zuzurechnende Kunden einzuwirken. Das vom OLG Hamburg herangezogene Freihal­te­be­dürfnis – Gattungs­be­griffe dürfen nicht als Marke eingetragen werden – sei hier nicht berührt. Denn die Internetadresse des Beklagten führe anders als die Marke nicht zu einem Ausschließ­lich­keitsrecht. Der Kläger und andere Wettbewerber seien nicht gehindert, in ihrer Werbung oder in ihrem Namen den Begriff "Mitwohnzentrale" zu verwenden. Schließlich liege – abgesehen von einer möglichen Irreführung – auch keine unsachliche Beeinflussung der Internet-Nutzer vor. Ein Verbraucher, der den Einsatz von Suchmaschinen als lästig empfinde und statt dessen direkt einen Gattungsbegriff als Internet-Adresse eingebe, sei sich im allgemeinen über die Nachteile dieser Suchmethode, insbesondere über die Zufälligkeit des gefundenen Ergebnisses, im klaren.

Der Bundes­ge­richtshof hat jedoch klargestellt, daß die Zulässigkeit der Verwendung von beschreibenden Begriffen als Domain-Namen auch Grenzen habe. Zum einen könne sie mißbräuchlich sein, wenn der Verwender nicht nur die Gattungs­be­zeichnung unter einer Top-Level-Domain (hier ".de") nutzt, sondern gleichzeitig andere Schreibweisen oder die Verwendung derselben Bezeichnung unter anderen Top-Level-Domains blockiert. Zum anderen dürfe die Verwendung von Gattungs­be­zeich­nungen nicht irreführend sein. Dieser zweite Gesichtspunkt führte hier dazu, daß die Sache an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen wurde. Der Kläger hatte nämlich auch beanstandet, daß die Verbraucher durch die Internet-Adresse des Beklagten irregeführt würden, weil der Eindruck entstehe, es handele sich beim Beklagten um den einzigen oder doch um den maßgeblichen Verband von Mitwohn­zen­tralen. Das OLG muß nun diesem Vorwurf der unzutreffenden Allein­stel­lung­be­hauptung nachgehen. Sollte es eine Irreführung bejahen, wäre dem Beklagten zum Beispiel aufzugeben, "Mitwohnzentrale.de" nur zu benutzen, wenn auf der Homepage darauf hingewiesen wird, daß es noch andere Verbände von Mitwohn­zen­tralen gibt.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 42/01 des BGH vom 18.05.01

der Leitsatz

UWG §§ 1, 3

a) Die Verwendung eines beschreibenden Begriffs als Domain-Name ist nicht generell wettbe­wer­bs­widrig.

b) Im Einzelfall kann in der Verwendung eines beschreibenden Begriffs als Domain-Name eine irreführende Allein­stel­lungs­be­hauptung liegen.

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