15.11.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 9649

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Urteil12.05.2010BundesgerichtshofI ZR 214/07
Vorinstanzen:
  • Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil30.10.2007, 3 U 965/07
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil07.02.2007, 3 O 4832/06
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil12.05.2010

Deutsche Post AG muss Briefkästen der Konkurrenz in unmittelbarer Nähe von Postfilialen duldenAufstellen der Briefkästen in Nähe der Post-Filialen ist legitimes Interesse der Wettbewerber zur leichteren Briefaufgabe für Bevölkerung

Die Deutsche Post AG kann grundsätzlich nicht verhindern, dass in unmittelbarer Nähe ihrer eigenen Filialen oder Briefkästen auch Briefkästen ihrer Wettbewerber aufgestellt werden. Das der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Die Beklagte, die einen Brief­zu­stell­dienst betreibt, stellte in Nürnberg 52 rot lackierte Briefkästen auf. Sie sind in weißer Farbe beschriftet mit der Aufschrift "Brief24", der Telefonnummer einer Service-Hotline und dem Hinweis "Leerung Montag bis Freitag ab 18.30 Uhr". Die Klägerin, die Deutsche Post AG, wendet sich dagegen, dass sich 26 dieser Briefkästen, die gleich hoch sind wie die der Klägerin, in unmittelbarer Nähe von Filialen oder Briefkästen der Klägerin befinden. Sie meint, die Kunden würden dadurch verunsichert und legten Briefe mit Briefmarken der Klägerin teilweise in die Briefkästen der Beklagten, was zu einer deutlich längeren Brieflaufzeit führe.

OLG untersagt Aufstellung der Briefkästen

Das Landgericht hatte der Klage antragsgemäß stattgegeben. Das Berufungs­gericht hatte der Beklagten verboten, vier mittels Fotografien konkret bezeichnete Briefkästen wie daraus ersichtlich aufzustellen.

Konkur­renz­brief­kästen unterscheiden sich deutlich von denen der Deutschen Post AG

Der Bundes­ge­richtshof hat die Entscheidung des Berufungs­ge­richts aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Die roten Briefkästen der Beklagten unterscheiden sich in ihrer Gestaltung klar von den gelben Briefkästen der Klägerin. Eine Herkunft­s­täu­schung kann nicht mit einer Ähnlichkeit in Merkmalen begründet werden, die selbst­ver­ständlich oder jedenfalls naheliegend sind, wie etwa Höhe und Grundfläche der Briefkästen. Zudem hält die Beklagte mit der roten Farbe, dem auffällig anders gestalteten, runden Kastendeckel und der Beschriftung einen deutlichen Abstand zu den Briefkästen der Klägerin ein.

Bevölkerung noch nicht an Wettbewerber der Deutschen Post AG gewöhnt

Dennoch hat es der Bundes­ge­richtshof nicht für ausgeschlossen gehalten, dass ein Teil des Verkehrs das Angebot der Beklagten im Hinblick auf die räumliche Nähe der roten Briefkästen zu den Filialen der Klägerin mittelbar der Klägerin zuordnet und beispielsweise annimmt, bei der Beklagten handele es sich um eine Tochter­ge­sell­schaft der Klägerin, die eine besondere Postdienst­leistung anbiete. Diese Fehlvorstellung begründet aber keinen Unter­las­sungs­an­spruch, weil sie letztlich darauf beruht, dass die Bevölkerung noch nicht daran gewöhnt ist, dass die Dienstleistung der Brief­be­för­derung nicht nur von der Klägerin, sondern auch von Wettbewerbern angeboten wird. Die Fehlvor­stel­lungen stellen damit eine zwangsläufige Folge des bis 1998 bestehenden und danach nur langsam gelockerten Monopols für die Postbeförderung dar. Nach Aufhebung oder Lockerung eines Monopols kommt dem Interesse neu hinzutretender Wettbewerber des bisherigen Monopolisten, ihre Leistung angemessen anbieten zu können, bei der gebotenen Inter­es­se­n­ab­wägung maßgebliches Gewicht zu. Dabei besteht gerade auch ein legitimes Interesse der Wettbewerber daran, ihre Briefkästen in der Nähe von Post-Filialen aufzustellen, um Kunden, die die Leistung sowohl der Klägerin als auch der Beklagten in Anspruch nehmen, die Briefaufgabe zu erleichtern.

Quelle: ra-online, BGH

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