22.11.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 2664

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Bundesgerichtshof Urteil06.07.2006

Auslobung von Werbeprämien für den Erwerb von Medizin­pro­dukten (hier: Gleit­sicht­gläser) unzulässigApollo Optik unterliegt vor dem Bundes­ge­richtshof

Das Augenoptik-Unternehmen "Apollo Optik" darf für den Kauf von Gleit­sicht­gläsern (Medizinprodukt) keine Werbeprämien ausloben. Im Gesund­heits­bereich sei eine Werbung mit dem Motto "Kunden werben Kunden" nicht erlaubt. Das hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der u. a. für Wettbe­wer­bsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte über die Zulässigkeit der Werbeaktion eines Augenoptik-Filialisten zu entscheiden, der seine Kunden in einem im Jahre 2002 verteilten Werbefaltblatt mit dem Titel „Kunden werben Kunden“ dazu aufgefordert hatte, neue Kunden für Gleit­sicht­gläser zu werben. Im Erfolgsfall konnte der Werber bei einem Auftragswert von mindestens 100,-- € eine von 6 Werbeprämien auswählen, bei denen es sich um Gegenstände des täglichen Bedarfs wie Wasserkocher, Fieber­t­her­mometer, Reisesets u. a. im Wert von jeweils ca. 30,-- € handelte. Die Klägerin sah darin eine wettbe­wer­bs­widrige Laienwerbung und hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht und das Berufungs­gericht haben die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Die Revision blieb ohne Erfolg.

Der Bundes­ge­richtshof hat allerdings die Werbung nicht schon deshalb als unlauter angesehen, weil – wie das Berufungs­gericht angenommen hatte – wegen des nicht unerheblichen Anreizes einer Prämie im Wert von ca. 30 € und des geringen Werbeaufwands des werbenden Laien die Gefahr bestehe, dass dieser seine persönlichen Beziehungen zu den von ihm angesprochenen Personen, bei denen es sich vor allem um Verwandte, Freunde und Bekannte handele, missbrauche und die Umworbenen ihre Entscheidung nicht nach sachgerechten Gründen träfen. An den vom Berufungs­gericht zugrunde gelegten Maßstäben der früheren Rechtsprechung kann nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden, nachdem infolge des gewandelten Verbrau­cher­leitbilds und nach Aufhebung der Zugabe­ver­ordnung und des Rabattgesetzes sachfremde Zuwendungen vom Gesetzgeber nicht mehr so streng beurteilt werden. Der Einsatz von werbenden Laien ist danach im allgemeinen nicht zu beanstanden, sondern kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände als wettbe­wer­bs­widrig angesehen werden. Ein solcher die Unlauterkeit begründender Umstand besteht nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs im vorliegenden Fall darin, dass sich die Werbeaktion der Beklagten auf Gleit­sicht­gläser bezieht, bei denen es sich um Medizinprodukte handelt, die den Werbe­be­schrän­kungen des Heilmit­tel­wer­be­ge­setzes unterfallen. Nach § 7 Abs. 1 des Heilmit­tel­wer­be­ge­setzes ist das Anbieten, Ankündigen und Gewähren von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben unzulässig. Diese auch bei der Anwendung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachtende Wertung führt dazu, dass die Werbeaktion der Beklagten eine unangemessene unsachliche Einflußnahme im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG darstellt und damit als unlauterer Wettbewerb im Sinne von § 3 UWG zu verbieten ist.

Vorinstanzen:

Landgericht Stuttgart - Urteil vom 18. Dezember 2002 – 38 O 101/02 KfH

OLG Stuttgart - Urteil vom 5. Juni 2003 – 2 U 2/03

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 100/2006 des BGH vom 07.07.2006

der Leitsatz

UWG §§ 3, 4 Nr. 1

Nach Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabe­ver­ordnung folgt die Wettbe­wer­bs­wid­rigkeit des Einsatzes von Laien zur Werbung von Kunden aufgrund des gewandelten Verbrau­cher­leitbilds nicht schon aus der Gewährung nicht unerheblicher Werbeprämien, sondern setzt das Vorliegen sonstiger die Unlauterkeit begründender Umstände voraus. Ein solcher Umstand kann darin liegen, dass sich die Werbung auf Waren oder Dienst­leis­tungen bezieht, für die besondere Werbeverbote bestehen (hier: Verbot von Zuwendungen bei Heilmitteln).

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