21.11.2024
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Dokument-Nr. 30789

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Urteil09.09.2021BundesgerichtshofI ZR 113/18
Vorinstanzen:
  • Landgericht Berlin, Urteil25.07.2017, 15 O 251/16
  • Kammergericht Berlin, Urteil18.06.2018, 24 U 146/17
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Bundesgerichtshof Urteil09.09.2021

Framing bei Vorschaubildern: Rechtebesitzer urheber­rechtlich geschützter Werke können technischen Schutz gegen das Einbetten der Inhalte auf Internetseiten Dritter verlangenBGH zur Urheberrechts­verletzung durch Framing

Eine Verwertungs­gesellschaft darf den Abschluss eines Vertrags über die Nutzung von Digitalisaten urheber­rechtlich geschützter Werke im Internet davon abhängig machen, dass der Nutzer wirksame technische Maßnahmen gegen sogenanntes "Framing" ergreift. Unter "Framing" versteht man das Einbetten der auf dem Server eines Nutzers gespeicherten und auf seiner Internetseite eingestellten Inhalte auf der Internetseite eines Dritten. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Die Klägerin, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, ist Trägerin der Deutschen Digitalen Bibliothek. Diese bietet eine Online-Plattform für Kultur und Wissen an, die deutsche Kultur- und Wissen­schaft­s­ein­rich­tungen miteinander vernetzt. Auf der Internetseite der Bibliothek sind über elektronische Verweise ("Links") digitalisierte Inhalte abrufbar, die in den Webportalen dieser Einrichtungen gespeichert sind. Die Bibliothek speichert Vorschaubilder dieser digitalisierten Inhalte. Einige dieser Inhalte, wie etwa Werke der bildenden Kunst, sind urheber­rechtlich geschützt.

Die Beklagte, die Verwer­tungs­ge­sell­schaft Bild-Kunst, nimmt die urheber­recht­lichen Befugnisse der ihr angeschlossenen Urheber an Werken der bildenden Kunst wahr. Die Klägerin verlangt von der Beklagten den Abschluss eines Vertrags, der ihr das Recht zur Nutzung dieser Werke in Form von Vorschaubildern einräumt. Die Beklagte macht den Abschluss eines solchen Nutzungs­vertrags von der Aufnahme folgender Bestimmung in den Vertrag abhängig:

"Die Lizenznehmerin verpflichtet sich, bei der Nutzung der vertrags­ge­gen­ständ­lichen Werke und Schutz­ge­gen­stände wirksame technische Maßnahmen zum Schutz dieser Werke oder Schutz­ge­gen­stände gegen Framing anzuwenden."

Die Klägerin lehnt eine solche Vertrags­be­stimmung ab und hat mit ihrer Klage die Feststellung beantragt, dass die Beklagte zum Abschluss eines Nutzungs­ver­trages ohne diese Regelung verpflichtet ist.

Prozessverlauf

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines Nutzungs­vertrags ohne diese Klausel festgestellt.

Der Bundes­ge­richtshof hat das Verfahren mit Beschluss vom 25. April 2019 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft vorgelegt.

Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen.

Die Beklagte ist als Verwer­tungs­ge­sell­schaft nach § 34 Abs. 1 Satz 1 VGG verpflichtet, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen. Sie ist allerdings auch verpflichtet, dabei die Rechte der ihr angeschlossenen Urheber wahrzunehmen und durchzusetzen. Bei der hier vorzunehmenden Abwägung der Interessen der Beteiligten hat das Berufungs­gericht zu Unrecht angenommen, Rechte der Urheber seien nicht betroffen, wenn die von der Klägerin genutzten Vorschaubilder von Werken der bildenden Kunst unter Umgehung technischer Schutzmaßnahmen zum Gegenstand von Framing würden. Ein solches Framing verletzt ein den Urhebern zustehendes unbenanntes Recht der öffentlichen Wiedergabe, das sich aus § 15 Abs. 2 UrhG ergibt, der mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG richt­li­ni­en­konform auszulegen ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf Vorlage des Bundes­ge­richtshofs entschieden, dass die Einbettung eines mit Einwilligung des Rechtsinhabers auf einer frei zugänglichen Internetseite verfügbaren Werks in die Internetseite eines Dritten im Wege des Framing eine öffentliche Wiedergabe des Werks im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat (EuGH, Urteil vom 9. März 2021 - C-392/19, GRUR 2021, 706 = WRP 2021, 600 - VG Bild-Kunst/Stiftung Preußischer Kulturbesitz).

Für die vom Berufungs­gericht erneut vorzunehmende Beurteilung hat der Bundes­ge­richtshof darauf hingewiesen, dass nicht auf das Interesse einzelner, mit dem Framing durch Dritte einverstandener Urheber, sondern auf die typische, auf Rechtswahrung gerichtete Interessenlage der von der Beklagten vertretenen Urheber­rechts­inhaber abzustellen ist.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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