18.10.2024
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Dokument-Nr. 7023

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Urteil20.11.2008BundesgerichtshofI ZR 112/06 - Metall auf Metall
Vorinstanzen:
  • Landgericht Hamburg, Urteil08.04.2004, 308 O 90/99
  • Oberlandesgericht Hamburg, Urteil07.06.2006, 5 U 48/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil20.11.2008

BGH zum Tonträger-Sampling

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat heute entschieden, dass bereits derjenige in die Rechte des Tonträ­ger­her­stellers eingreift, der einem fremden Tonträger kleinste Tonfetzen entnimmt.

Die Kläger sind Mitglieder der Musikgruppe "Kraftwerk". Diese veröffentlichte im Jahre 1977 einen Tonträger, auf dem sich unter anderem das Stück "Metall auf Metall" befindet. Die Beklagten zu 2 und 3 sind die Komponisten des Titels "Nur mir", den die Beklagte zu 1 mit der Sängerin Sabrina Setlur auf im Jahre 1997 erschienenen Tonträgern eingespielt hat. Dabei haben die Beklagten eine etwa zwei Sekunden lange Rhythmussequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" elektronisch kopiert ("gesampelt") und dem Titel "Nur mir" in fortlaufender Wiederholung unterlegt. Die Kläger meinen, die Beklagten hätten damit ihre Rechte als Tonträ­ger­her­steller verletzt. Sie haben die Beklagten auf Unterlassung, Feststellung ihrer Schaden­s­er­satz­pflicht, Auskunft­s­er­teilung und Herausgabe der Tonträger zum Zwecke der Vernichtung in Anspruch genommen.

Das Berufungs­gericht hat der Klage stattgegeben. Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Das Berufungs­gericht hat zwar - so der BGH - im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Beklagten in das Tonträ­ger­her­stel­lerrecht der Kläger eingegriffen haben. Die Bestimmung des § 85 Abs. 1 UrhG schützt die zur Festlegung der Tonfolge auf dem Tonträger erforderliche wirtschaftliche, organi­sa­to­rische und technische Leistung des Tonträ­ger­her­stellers. Da der Tonträ­ger­her­steller diese unter­neh­me­rische Leistung für den gesamten Tonträger erbringt, gibt es keinen Teil des Tonträgers, auf den nicht ein Teil dieses Aufwands entfiele und der daher nicht geschützt wäre. Ein Eingriff in die Rechte des Tonträ­ger­her­stellers ist deshalb bereits dann gegeben, wenn einem fremden Tonträger kleinste Tonfetzen entnommen werden. Das Berufungs­gericht hat es jedoch - so der BGH weiter - versäumt zu prüfen, ob die Beklagten sich auf das Recht zur freien Benutzung berufen können. Nach § 24 Abs. 1 UrhG darf ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden. Danach kann auch die Benutzung fremder Tonträger ohne Zustimmung des Berechtigten erlaubt sein, wenn das neue Werk zu der aus dem benutzten Tonträger entlehnten Tonfolge einen so großen Abstand hält, dass es als selbständig anzusehen ist. Eine freie Benutzung ist allerdings in zwei Fällen von vornherein ausgeschlossen: Ist derjenige, der die auf einem fremden Tonträger aufgezeichneten Töne oder Klänge für eigene Zwecke verwenden möchte, befähigt und befugt, diese selbst einzuspielen, gibt es für eine Übernahme der unter­neh­me­rischen Leistung des Tonträ­ger­her­stellers keine Rechtfertigung. Eine freie Benutzung kommt ferner nicht in Betracht, wenn es sich bei der erkennbar dem benutzten Tonträger entnommenen und dem neuen Werk zugrunde gelegten Tonfolge um eine Melodie handelt (§ 24 Abs. 2 UrhG). Das Berufungs­gericht wird nun zu prüfen haben, ob die Beklagten sich hinsichtlich des Eingriffs in das Tonträ­ger­her­stel­lerrecht der Kläger auf das Recht zur freien Benutzung berufen können.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 214/2008 des BGH vom 20.11.2008

der Leitsatz

UrhG § 85 Abs. 1 Satz 1, § 24 Abs. 1

a) Ein Eingriff in das durch § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützte ausschließliche Recht des Tonträ­ger­her­stellers ist bereits dann gegeben, wenn einem Tonträger kleinste Tonfetzen entnommen werden.

b) Die Regelung des § 24 Abs. 1 UrhG ist im Falle der Benutzung eines fremden Tonträgers grundsätzlich entsprechend anwendbar. Eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmung kommt allerdings nicht in Betracht, wenn es möglich ist, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen oder es sich bei der erkennbar dem benutzten Tonträger entnommenen und dem neuen Werk zugrunde gelegten Tonfolge um eine Melodie handelt.

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