Der klagende Architekt hat - wie er vorbringt - das Treppenhaus im Innern des im Jahr 1993 eingeweihten Dienstleistungszentrum der beklagten Kreissparkasse geschaffen, das als Werk der Baukunst anzusehen ist. In dem zur Mitte hin offenen Treppenhaus führt der Treppenlauf jeweils in einem Schwung von Geschoß zu Geschoß. Der Raumeindruck ist insbesondere geprägt durch den Kontrast zwischen der durchsichtig und grazil wirkenden Treppenhauskuppel, einer Glas- und Stahlkonstruktion, und der Bodenrosette aus verschiedenfarbigem Marmor.
Die Beklagte ließ im Jahr 1994 nach dem Entwurf einer Bildhauerin das Treppengeländer nach unten hin um einen schneckenförmigen Geländerausbau aus Gips verlängern mit der Folge, daß die Bodenrosette weitgehend überbaut wurde. Aus dem so verlängerten Treppengeländer erwächst nunmehr - über den Mittelpunkt der Rosette - ein rohrähnlicher Vertikalstab. Nach oben hin wurde das Treppengeländer um eine Spirale aus Gips verlängert, die im freien Raum unter der Glaskuppel endet. Vom Ende dieser Spirale her ist senkrecht ein weiterer Stab abgehängt, dessen unteres Ende den nach oben gerichteten Vertikalstab fast berührt. Durch Magnetströme gesteuert, stoßen sich jedoch die Enden der Stäbe gegenseitig ab, wodurch sich der obere Stab ständig ungleichmäßig bewegt.
Der Kläger verlangt die Wiederherstellung des früheren Zustands. Er sieht die baulichen Veränderungen zwar als neues Kunstwerk an, meint aber, dadurch werde sein eigenes Werk, das Treppenhaus, entstellt.
Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Beklagte erheblich in das Urheberrecht des klagenden Architekten eingegriffen habe. Die Interessenabwägung zwischen dem Urheberrecht und dem Eigentumsrecht falle hier zuungunsten der Eigentümerin aus, die als Grund für die Umgestaltung nur angeführt habe, in der ursprünglichen Form habe ihr das Treppenhaus nicht gefallen.
Der I. Zivilsenat hat diese urheberrechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts bestätigt. Die nicht näher konkretisierten ästhetischen Gründe hätten nicht zu den baulichen Veränderungen berechtigt, auch wenn diese selbst ein Kunstwerk verkörperten. Der urheberpersönlichkeitsrechtlich begründete Schutz des Urhebers gegen Veränderungen an seinem Werk richte sich nicht nur gegen künstlerische Verschlechterungen, sondern auch gegen andere Verfälschungen der Wesenszüge des Werkes. Das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung des neuen Werkes sei zwar mit abzuwägen, greife hier aber nicht durch.
Im konkreten Fall konnte das Berufungsurteil allerdings keinen Bestand haben, weil die Frage, ob der Kläger selbst urheberrechtsschutzfähige Leistungen erbracht hat, weiterer Aufklärung bedarf.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.10.2005
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 67 des BGH vom 01.10.1998