Dokument-Nr. 5748
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Bundesgerichtshof Urteil11.12.1998
Entscheidung zur urheberrechtlichen Zulässigkeit elektronischer Pressearchive
Der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte erstmals über die Frage zu entscheiden, ob die Verwertung urheberrechtlich geschützter Beiträge aus Zeitungen und Zeitschriften für unternehmenseigene elektronische Pressearchive der Zustimmung der Rechtsinhaber bedarf.
Die Beklagte erbringt für Wirtschaftsunternehmen Dienstleistungen zum Aufbau elektronischer Pressearchive und verwertet dazu auch Beiträge aus dem "Handelsblatt" und der "Wirt-schafts-Wo-che", die von der Klägerin verlegt werden. Die Beklagte geht dabei wie folgt vor: Aus Kundenexemplaren der auszuwertenden Zeitungen oder Zeitschriften werden die von den Kunden bereits gekennzeichneten Beiträge zunächst samt den entsprechenden Seiten eingescannt. Danach werden sie elektronisch ausgeschnitten und einem von den Auftraggebern vorgegebenen Archivsystem angepaßt. Das so bearbeitete Dokument wird dem Kunden am folgenden Arbeitstag auf einem elektronischen Datenträger zur Verfügung gestellt. Nach Eingabe der Dokumente in die EDV-Anlage des Kunden werden die bei der Beklagten gespeicherten Daten gelöscht.
Das Berufungsgericht hat der Unterlassungsklage unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs stattgegeben. Die elektronische Auswertung von Publikationen durch die Beklagte sei darauf angelegt, auch urheberrechtlich geschützte Werke widerrechtlich zu nutzen. Die Beklagte verschaffe sich dadurch einen ungerechtfertigten Vorsprung im Wettbewerb. Die elektronische Archivierung von Schrift-werken setze Vervielfältigungen voraus, die dem Urheber vorbehalten seien. Auf die Schranken des Urheberrechts, insbesondere die Urheberrechtsfreiheit von Vervielfältigungen zur Aufnahme in ein eigenes Archiv (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG), könne sich die Beklagte nicht berufen. Bei elektronischen Archiven, auf die eine praktisch unbegrenzte Zahl von Personen mit geringem Zeitaufwand - auch zeitgleich und aus räumlicher Distanz - zugreifen könne, würden geschützte Werke weit intensiver als bei herkömmlichen Archiven genutzt. Dies könne bei einem Fall der vorliegenden Art auch dazu führen, daß in den Unternehmen Mehrfachabonnements der ausgewerteten Publikationen entbehrlich erschienen.
Der Bundesgerichtshof hat diese urheberrechtliche Beurteilung bestätigt. Er hat jedoch die Ansicht vertreten, daß das Vorgehen gegen die Verletzung von Urheberrechten grundsätzlich den Rechtsinhabern vorbehalten ist und Mitbewerber deshalb aus der Verletzung fremder Rechte im allgemeinen keine wettbewerbsrechtlichen Ansprüche herleiten können. Da die Klage möglicherweise auch darauf gestützt werden sollte, daß die Beklagte in urheberrechtliche Befugnisse der Klägerin eingreife, hat der Bundesgerichtshof die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.10.2005
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 93 des BGH vom 11.12.1998
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