15.11.2024
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Dokument-Nr. 1529

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Beschluss15.12.2005BundesgerichtshofI ZB 33/04
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Bundesgerichtshof Beschluss15.12.2005

Autoform kann Marke seinForm des Porsche Boxster kann als Marke eingetragen werden

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Form eines Automobils als dreidi­men­sionale Marke ins Markenregister eingetragen werden kann.

Die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG hatte 1997 die äußere Gestaltung des im Herbst 1996 vorgestellten Porsche Boxster als dreidi­men­sionale Marke für die Waren „Kraftfahrzeuge und deren Teile“ angemeldet:

Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, das angemeldete Zeichen erschöpfe sich in der bloßen formgetreuen Wiedergabe der Waren, zu deren Kennzeichnung es gedacht sei; es fehle daher an der erforderlichen Unter­schei­dungskraft. Außerdem stehe der Eintragung ein Freihal­te­be­dürfnis an der äußeren Gestaltungsform eines Kraftfahrzeugs entgegen, die nicht nur auf den ästhetischen Eindruck, sondern auch auf technische Erfordernisse abziele. Das Bunde­s­pa­tent­gericht hatte die Beschwerde von Porsche zurückgewiesen und auch die Eintragung als durchgesetztes Zeichen abgelehnt. Das Markengesetz sieht vor, dass ein Zeichen eingetragen werden kann, dem von Haus aus die notwendige Unter­schei­dungskraft fehlt oder dem an sich ein schutzwürdiges Freihal­te­be­dürfnis entgegensteht, wenn sich dieses Zeichen infolge der Benutzung im Verkehr als Herkunfts­hinweis durchgesetzt hat.

Auf die Rechts­be­schwerde der Porsche AG hat der Bundes­ge­richtshof die Entscheidung des Bunde­s­pa­tent­ge­richts aufgehoben. An der Unter­schei­dungskraft fehle es dem angemeldeten Zeichen nicht. Zwar werde die äußere Form eines Produkts häufig nicht als Hinweis auf einen bestimmten Hersteller verstanden, so dass dreidi­men­si­onalen Zeichen, die sich in der Wiedergabe der äußeren Gestalt einer bestimmten Ware erschöpften, die Unter­schei­dungskraft fehle. Bei Automobilen seien die Verbraucher dagegen seit langem daran gewöhnt, von der äußeren Form des Fahrzeugs auf den Hersteller zu schließen. Dagegen hat der BGH den Einwand gelten lassen, dass an der Form von Automobilen grundsätzlich ein Freihal­te­be­dürfnis besteht. Die Kfz-Hersteller seien dringend darauf angewiesen, bei der Gestaltung von Automobilen auf eine Formenvielfalt zurückgreifen zu können. Wäre es möglich, sich die Form eines Autos auch vor der Markteinführung als Marke schützen lassen, müsste damit gerechnet werden, dass Markenrechte an einer Vielzahl von Formge­stal­tungen entstünden, und zwar nicht nur aufgrund von Anmeldungen der Automo­bil­in­dustrie. Nach dem Gesetz könnte jedermann solche Marken erwerben. Erst wenn sie nach fünf Jahren immer noch nicht benutzt würden, könnte eine Löschung solcher Marken beantragt werden. Der Spielraum für Neuent­wick­lungen würde dadurch erheblich verengt.

Dieses berechtigte Interesse an der Formenvielfalt trete jedoch zurück, wenn es um die Form eines Automobils gehe, das bereits im Markt eingeführt sei. In dem zu entscheidenden Fall war die Marke erst fast ein Jahr nach der Markteinführung angemeldet worden. Die Form eines Sportwagens, über dessen Markteinführung – wie im Fall des Porsche Boxster – ausführlich in den Medien berichtet worden sei, habe sich – so der BGH – jedenfalls nach nicht allzu langer Zeit als Hinweis auf den bekannten Hersteller durchgesetzt. Porsche könne daher die Eintragung der angemeldeten Formmarke als durchgesetztes Zeichen beanspruchen.

Erläuterungen
Vorinstanz:

Bunde­s­pa­tent­gericht – Entscheidung vom 13. Oktober 2004 – 28 W (pat) 102/00

Quelle: Pressemitteilung Nr. 178/05 des BGH vom 16.12.2005

der Leitsatz

MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1

Besondere Gestal­tungs­merkmale eines Automobils, die es von anderen Automobilen unterscheidet, führen dazu, dass die Form des Automobils geeignet ist, vom Verkehr als Herkunfts­hinweis verstanden zu werden.

MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3

Es besteht ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit, dass Formge­stal­tungen von Automobilen frei gewählt werden können und die Gestal­tungs­freiheit im Rahmen der Formgebung nicht über Gebühr eingeschränkt wird.

Das Eintra­gungs­hin­dernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann durch werbewirksame Darstellung der charak­te­ris­tischen Formgestaltung des neuen Modells überwunden werden, wenn der Verkehr in der neuen Gestaltung den Herkunfts­hinweis erkennt. Bei neuen Modellen bekannter Hersteller, deren Erscheinen auf dem Markt von einem großen Medienecho begleitet wird, ist von einer solchen Verkehrs­durch­setzung jedenfalls nach nicht allzu langer Zeit nach Markteinführung auszugehen.

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