23.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil22.03.2021

Kein Anspruch auf Verwendung einer anderen Verschlüs­selungs­technik beim beADerzeitige Verschlüsselung ist nach Ansicht des BGH sicher

Der Bundes­ge­richtshofs hat heute entschieden, dass ein Anspruch von Rechtsanwälten auf Verwendung einer bestimmten Verschlüs­selungs­technik bei der Übermittlung von Nachrichten mittels des besonderen elektronischen Anwalts­postfachs nicht besteht.

Die beklagte Bundes­rechts­an­walts­kammer richtete auf Grundlage von § 31 a Abs. 1 BRAO für sie ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach ein. Nach § 31 a Abs. 6 BRAO sind die Kläger verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über dieses Postfach zur Kenntnis zu nehmen.

Klagende Anwälte fordern Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

Die Kläger wenden sich gegen die technische Ausgestaltung des besonderen elektronischen Anwalts­postfachs durch die Beklagte, weil dieses nicht über eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verfüge, bei der sich die privaten Schlüssel ausschließlich in der Verfü­gungs­gewalt der Postfachinhaber befänden. Sie verlangen mit ihrer Klage, dass die Bundes­rechts­an­walts­kammer das besondere elektronische Anwaltspostfach für sie mit einer derartigen Verschlüsselung betreibt und das derzeitige Verschlüs­se­lungs­system nicht weiter verwendet.

Besonderen elektronischen Anwaltspostfach "Sicher im Rechtssinne"

Die Klage der Anwälte blieb bereits in den Vorinstanzen erfolglos und auch der BGH hat die Berufung zurückgewiesen. Nach Auffassung des Anwalts­ge­richtshofs besteht kein Anspruch darauf, dass das besondere elektronische Anwaltspostfach ausschließlich mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in dem von den Klägern geforderten Sinne betrieben wird. Ein derartiger Anspruch ergebe sich weder aus den einfachen Gesetzen noch aus der Verfassung. Die gewählte Architektur des besonderen elektronischen Anwalts­postfachs sei sicher im Rechtssinne. Den Klägern steht kein Anspruch darauf zu, dass bei der Übermittlung von Nachrichten mit Hilfe des besonderen elektronischen Anwalts­postfachs das derzeit verwendete Verschlüs­se­lungs­ver­fahren durch das von ihnen bevorzugte Verschlüs­se­lungs­system ersetzt wird. Die über das besondere elektronische Anwaltspostfach übermittelten Nachrichten sind während der Übertragung durchgehend mit demselben - seinerseits verschlüsselten - Nachrich­ten­sch­lüssel verschlüsselt und liegen grundsätzlich nur bei dem Absender und dem berechtigten Empfänger unverschlüsselt vor. Die Voraussetzungen einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Sinne der europäischen Patentschrift EP 877 507 B1 erfüllt das Verschlüs­se­lungs­system indes deshalb nicht, weil die die Nachricht verschlüs­selnden Nachrich­ten­sch­lüssel nicht direkt an den Empfänger übermittelt und nur dort entschlüsselt werden. Sie werden vielmehr in einem sogenannten Hardware Security Module auf die Schlüssel der berechtigten Leser der Nachricht umgeschlüsselt.

Kein Anspruch auf Verwendung bevorzugter Verschlüs­se­lungs­methode

Den Klägern steht jedoch kein Anspruch darauf zu, dass die von der Beklagten gewählte Verschlüs­se­lungs­technik unterlassen und eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Sinne der europäischen Patentschrift verwendet wird. Die einfach­ge­setz­lichen Vorgaben, insbesondere § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 RAVPV, lassen nicht ausschließlich eine Übermittlung mittels der von den Klägern geforderten Verschlüs­se­lungs­technik zu. Vielmehr steht der Bundes­rechts­an­walts­kammer hinsichtlich der technischen Umsetzung ein gewisser Spielraum zu, sofern eine im Rechtssinne sichere Kommunikation gewährleistet ist. Ein Anspruch der Kläger auf die von ihnen geforderte Verschlüs­se­lungs­technik könnte deshalb nur bestehen, wenn eine derartige Sicherheit allein durch das von ihnen geforderte Verschlüs­se­lungs­system bewirkt werden könnte. Dies hat das Verfahren jedoch nicht ergeben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch die gewählte Methode grundsätzlich eine hinreichende Sicherheit der Kommunikation gewährleisten kann. Nicht behebbare Sicher­heits­risiken hat das Verfahren nicht aufgezeigt. Etwaige behebbare Sicher­heits­risiken stünden dabei der grundsätzlichen Eignung des gewählten Verschlüs­se­lungs­ver­fahrens nicht entgegen und begründeten keinen Anspruch der Kläger auf Verwendung der von ihnen bevorzugten Verschlüs­se­lungs­methode.

Verschlüs­se­lungs­methode beeinträchtigt weder die Vertraulichkeit der Kommunikation noch das anwaltliche Vertrau­ens­ver­hältnis zum Mandanten

Die Verwendung der von den Klägern geforderten Verschlüs­se­lungs­technik ist auch nicht aus verfas­sungs­recht­lichen Gründen geboten. Es verstößt nicht gegen die Grundrechte der Kläger, insbesondere nicht gegen die Berufs­aus­übungs­freiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, dass die Beklagte bei dem Betrieb des besonderen elektronischen Anwalts­postfachs nicht eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in dem von den Klägern geforderten Sinne verwendet. Die Wahl der Verschlüs­se­lungs­methode beeinträchtigt weder die Vertraulichkeit der Kommunikation noch das anwaltliche Vertrau­ens­ver­hältnis zum Mandanten, wenn die gewählte Methode als sicher im Rechtssinne anzusehen ist. Ein auf die Verfassung gestützter Anspruch der Kläger auf Verwendung der von ihnen geforderten Verschlüs­se­lungs­methode scheidet somit ebenfalls deshalb aus, weil das Verfahren nicht ergeben hat, dass diese Sicherheit nur hierdurch gewährleistet werden könnte.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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