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03.03.2025  
Sie sehen Hanfpflanzen, die unter künstlichem Licht herangezogen werden.

Dokument-Nr. 34761

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Urteil30.01.2025Bundesgerichtshof5 StR 528/24
Vorinstanz:
  • Landgericht Berlin I, Urteil03.05.2024, (511 KLs) 279 Js 374/23 (1/24)
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil30.01.2025

BGH erklärt Verwertung von "EncroChat"-Daten auch bei Cannabis-Handel für zulässig

Auch nach Einführung des Cannabis-Gesetzes können Daten aus dem Krypto-Messengerdienst "EncroChat" in Strafverfahren gegen mutmaßliche Drogendealer verwendet werden. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden und damit höchst­rich­terlich eine bisher strittige Rechtsfrage geklärt.

Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs hat auf die Revision der Staats­an­walt­schaft ein Urteil des Landgerichts Berlin I aufgehoben, soweit dieses den Angeklagten freigesprochen hat.

Das Landgericht hatte den Angeklagten am 3. Mai 2024 unter Freispruch im Übrigen wegen drei Fällen des Handeltreibens mit Betäu­bungs­mitteln in nicht geringer Menge (Ecstasy-Tabletten und Kokain) zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den Urteils­fest­stel­lungen handelte der Angeklagte mit diesen Betäu­bungs­mitteln als Nutzer eines Kryptohandys des Anbieters "EncroChat". Der Freispruch betraf Anklagevorwürfe, wonach der Angeklagte in gleicher Weise mit großen Mengen an Canna­bis­pro­dukten im Jahr 2020 Handel getrieben haben soll. Die Vorwürfe wurden auf "EncroChat"-Daten zu Verkaufs­ge­schäften gestützt, die das Gericht in die Haupt­ver­handlung eingeführt hatte. Solche Daten waren 2020 in großem Umfang in Frankreich erhoben und auf der Grundlage einer Europäischen Ermitt­lungs­a­n­ordnung (EEA) an deutsche Behörden weitergeleitet worden.

Die vorgeworfenen Taten waren bis zum Inkrafttreten des Canna­bis­ge­setzes zum 1. April 2024 nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG als Verbrechen strafbar. Sie stellen jetzt nach § 34 Abs. 1 und 3 KCanG lediglich Vergehen dar, die milder bestraft werden können. Nach dem Grundsatz des Vorrangs milderen Rechts (§ 2 Abs. 3 StGB) ist deshalb in vor dem 1. April 2024 begangenen "Alt"-Fällen des Cannabishandels zumeist das neue Recht als milderes Recht anzuwenden.

Das Landgericht hat den Freispruch damit begründet, dass die "EncroChat"-Daten wegen der Geset­ze­s­än­derung nicht mehr als Beweismittel verwertbar seien, da wegen solcher Taten eine gravierende Ermitt­lungs­maßnahme wie eine Online-Durchsuchung (§ 100 b StPO) jetzt nicht mehr zulässig sei. In seiner Grund­sat­z­ent­scheidung vom 2. März 2022 (5 StR 457/21) hatte der 5. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs die Verwertbarkeit der "EncroChat"-Daten bei einer Verurteilung wegen erheblichen Drogenhandels nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG u.a. damit begründet, dass dieser als besonders schwere Straftat im Katalog des § 100 b Abs. 2 StPO enthalten sei. Dies ist bei Straftaten nach § 34 Abs. 1, 3 KCanG nicht mehr der Fall. Daraus hatten einige Oberlan­des­ge­richte abgeleitet, die Daten seien nunmehr in Fällen des Cannabishandels unverwertbar. Auf eine solche Entscheidung hatte sich auch das Landgericht bei seinem Freispruch bezogen.

Der Bundes­ge­richtshof hat jetzt entschieden, dass die genannte Geset­ze­s­än­derung in Fällen wie dem vorliegenden keine Auswirkungen auf die Verwertbarkeit der "EncroChat"-Daten hat. Hierfür waren folgende Gesichtspunkte maßgebend: Rechtsgrundlage für die Verwertung solcher Daten in der Haupt­ver­handlung ist § 261 StPO. Auch wenn von anderen europäischen Staaten Daten zu Zwecken der Strafverfolgung zur Verfügung gestellt werden, richtet sich die Verwertung nach deutschem Recht. Ausdrückliche Verwen­dungs­be­schrän­kungen für solche Daten gibt es im nationalen Recht nicht. Ein Verwer­tungs­verbot außerhalb von gesetzlich geregelten Beweis­ver­wer­tungs­verboten kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Voraussetzung in diesen Fällen ist, dass die Daten unrechtmäßig erlangt wurden. Dies war vorliegend nicht der Fall, denn die EEA als Grundlage für die Übermittlung der Daten war rechtmäßig. Die Rechts­mä­ßig­keits­vor­aus­set­zungen hierfür bestimmen sich unionsrechtlich gemäß der Richtlinie über die Europäische Ermitt­lungs­a­n­ordnung in Strafsachen (RL EEA).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum "EncroChat"-Komplex und zu der für die Rechtmäßigkeit einer EEA zentralen Norm des Art. 6 Abs. 1 RL EEA (EuGH, Urteil vom 30. April 2024 - C-670/22) ist zum Zeitpunkt des Erlasses der EEA unter anderem zu prüfen, ob die Daten­über­mittlung in einem vergleichbaren innerdeutschen Fall rechtmäßig wäre. Damit verweist das Unionsrecht auf nationale Regelungen zur Daten­an­for­derung. Das deutsche Recht enthält Regelungen, die eine solche Datengewinnung erlauben; bei schwerwiegenden Grund­recht­s­ein­griffen kommen dabei Beschränkungen in Betracht, die den Verdacht bestimmter Straftaten voraussetzen. Durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum einschlägigen Unionsrecht ist nunmehr geklärt, dass die vom Bundes­ge­richtshof in "EncroChat"-Fällen vor allem auf den Zeitpunkt der Beweis­ver­wertung in der Haupt­ver­handlung bezogene Verhält­nis­mä­ßig­keits­prüfung anhand der Maßstäbe für besonders schwerwiegende Grund­recht­s­ein­griffe (vgl. § 100 e Abs. 6 StPO) bereits bei der Beweis­über­mittlung vorzunehmen ist. Zudem hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht (Beschluss vom 1. November 2024 - 2 BvR 684/22) die Heranziehung der strafprozessual restriktivsten Verwen­dungs­schranke in den "EncroChat"-Fällen für verfas­sungs­rechtlich unbedenklich erachtet.

Danach kommt es auf die Rechtsmäßigkeit der Daten­über­mittlung an. Maßgeblich ist hierfür der Rechtszustand bei Daten­an­for­derung. Zum damaligen Zeitpunkt im Jahr 2020 waren die angeklagten Taten als Verbrechen nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafbar. Die Daten wurden nach den bisherigen Maßstäben des Bundes­ge­richtshofs also rechtmäßig von Frankreich nach Deutschland übermittelt. In solchen Fällen gilt schon nach der bisherigen höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung, dass eine Änderung der rechtlichen Bewertung einer Tat im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht zu einer Unver­wert­barkeit rechtmäßig erlangter Daten führt. Es ging vorliegend auch nicht um Bagatelltaten, sondern um den Handel mit Canna­bis­pro­dukten in größeren Mengen. Soweit der 5. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs seine bisherige Rechtsprechung geändert hat, war er hierzu durch die für ihn verbindliche Auslegung der europa­recht­lichen Anforderungen an eine auf den Beweis­mit­tel­transfer abzielende EEA durch den Europäischen Gerichtshof aufgerufen.

Die Sache muss deshalb, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist, unter Beachtung der Rechts­auf­fassung des Bundes­ge­richtshofs neu verhandelt und entschieden werden.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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