15.11.2024
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Dokument-Nr. 5909

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Beschluss15.04.2008Bundesgerichtshof5 StR 431/07
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt (Oder), Urteil10.05.2007, 22 Ks 09/06
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss15.04.2008

BGH bestätigt eine aufgrund geänderter Rechtslage angeordnete nachträgliche Siche­rungs­ver­wahrung

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat gegen den Verurteilten nachträglich die Unterbringung in der Siche­rungs­ver­wahrung angeordnet. Hierfür hat es sich auf die neu eingefügte und zum 18. April 2007 in Kraft getretene Vorschrift des § 66 b Abs. 1 Satz 2 StGB gestützt. Danach steht der nachträglich anzuordnenden Siche­rungs­ver­wahrung nicht entgegen, dass die Gefährlichkeit des Verurteilten schon bei der Anlass­ver­ur­teilung erkennbar war, sofern damals eine Siche­rungs­ver­wahrung aus rechtlichen Gründen nicht möglich war.

Der Verurteilte war 1993 rechtskräftig durch das Bezirksgericht Frankfurt (Oder) des Mordes sowie des Totschlags schuldig gesprochen und deswegen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von 15 Jahren verurteilt worden. Im April 1992 war er in das Haus einer ihm bekannten Frau eingebrochen. Nachdem diese sich gegen seine sexuelle Annäherung gewehrt hatte, fügte er ihr mit mehreren Werkzeugen zahlreiche schwere und innerhalb weniger Minuten tödliche Verletzungen zu. Als der dreijährige Sohn seines Opfers hinzukam, tötete er auch ihn, damit es keine Tatzeugen gab. Anschließend verstümmelte er die Leiche der getöteten Frau. Das Landgericht hat nun, nach Verbüßung der Strafe, festgestellt, dass der Verurteilte gefährlich sei, da er einen in seiner gestörten Persön­lich­keitss­truktur wurzelnden Hang zur Begehung schwerwiegender Taten habe. Diese erhebliche Gefährlichkeit habe sich nicht nur durch die sadistisch motivierten Tötungsdelikte, sondern auch durch Drohungen des Verurteilten gegen Polizei- und Justizbeamte während des Strafvollzugs offenbart. Die von dem Verurteilten ausgehende Gefahr sei schon in dem 1993 geführten Verfahren erkennbar gewesen; damals sei die Anordnung der Unterbringung u. a. wegen einer entge­gen­ste­henden Regelung im Einigungs­vertrag aber nicht möglich gewesen.

Auf die Revision des Verurteilten hatte der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs erstmals über eine auf § 66 b Abs. 1 Satz 2 StGB gestützte – mithin unter Verzicht auf neue Tatsachen im Sinne der bisherigen Maßstäbe – nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Siche­rungs­ver­wahrung zu entscheiden. Er hat – wie vom General­bun­des­anwalt beantragt – das Urteil bestätigt. Trotz gewisser Bedenken hält der Senat die Regelung des § 66 b Abs. 1 Satz 2 StGB letztlich nicht für verfas­sungs­widrig.

Nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts erfasst das absolute Rückwir­kungs­verbot aus Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz nur die repressive, schuldabhängige Strafe, nicht hingegen die dem Schutz der Allgemeinheit dienende Maßregel der Siche­rungs­ver­wahrung, und zwar ungeachtet ihrer durchaus strafähnlichen Ausgestaltung. Konsequent kann nach Auffassung des Senats für das Doppel­be­stra­fungs­verbot aus Art. 103 Abs. 3 Grundgesetz nichts anderes gelten. Auch im Übrigen hält der Senat die Norm bei der gebotenen Begrenzung auf wenige Ausnahmefälle extrem gefährlicher Täter – wie im vorliegenden Fall – nicht für verfas­sungs­widrig. Da die weiteren Voraussetzungen für die nachträgliche Siche­rungs­ver­wahrung vorlagen, hat der Bundes­ge­richtshof die Revision des Verurteilten verworfen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 73/08 des BGH vom 16.04.2008

der Leitsatz

StGB § 66b

Zur Anwendbarkeit der Vorschrift des § 66 b Abs. 1 Satz 2 StGB.

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