15.11.2024
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Dokument-Nr. 2098

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Bundesgerichtshof Urteil16.03.2006

Salzpudding - BGH zur Verabreichung einer tödlichen Dosis Kochsalz an ein KleinkindHingabe eines "Kochsa­lz­puddings" ist eine gefährliche Körper­ver­letzung

Eine Frau hatte die vierjährige Tochter ihres Lebensgefährten gezwungen, einen Pudding mit einer tödlichen Menge Kochsalz zu essen. Diese Tat stellt laut Bundes­ge­richtshofs (BGH) eine gefährliche Körper­ver­letzung dar. Das Kochsalz habe hier die Eigenschaft eines Giftes gehabt.

Die Angeklagte befand sich am Nachmittag des Tattages allein mit der 4-jährigen Tochter Angelina ihres Lebensgefährten und ihrem gemeinsamen seinerzeit erst vier Monate alten Sohn in ihrer Wohnung. Während sie im Wohnzimmer damit beschäftigt war, den Säugling zu füttern, begab sich Angelina in die Küche und rührte statt Zucker irrtümlich ca. 32 Gramm Kochsalz in einen Schoko­la­den­pudding. Als die Angeklagte in die Küche kam, sah sie die auf dem Boden liegende Salzpackung sowie den ungegessenen Pudding. Sie stellte Angelina zur Rede, die ihr bedeutete, dass der Pudding "widerwärtig" schmecke und sie ihn nicht essen wolle. Obgleich die Angeklagte richtig folgerte, dass das Mädchen versehentlich Salz in die Süßspeise eingerührt hatte, veranlasste sie das sich sträubende Kind zu dessen Erziehung und Bestrafung, die Schoko­la­dencreme vollständig auszulöffeln. Sie wusste dabei nicht, dass die Aufnahme von ,5 bis 1 g Kochsalz pro Kilogramm Körpergewicht (Angelina wog 15 kg) in aller Regel zum Tode führt. Wenig später klagte Angelina über Übelkeit und musste erbrechen. Als sich der Zustand des Kindes im Verlauf der nächsten halben Stunde zusehends verschlechterte und es schließlich kaum mehr Reaktionen zeigte, brachte die Angeklagte es ins Krankenhaus, wo es bereits in komatösem Zustand eintraf. Dort wurde sogleich eine extreme Hypernatriämie (Kochsa­l­zin­to­xi­kation) festgestellt. Trotz Notfa­ll­be­handlung verstarb das Mädchen 34 Stunden nach ihrer Aufnahme.

Das Landgericht hat die Tat lediglich als "einfache" Körper­ver­letzung (§ 223 Abs. 1 StGB) gewertet. Eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts hat das Landgericht bereits mangels jeglichen Anhalts für einen auch nur bedingten Tötungsvorsatz ausgeschlossen. Auch eine Strafbarkeit wegen Körper­ver­letzung mit Todesfolge (§ 227 Abs. 1 StGB) hat es mangels Vorher­seh­barkeit des tödlichen Erfolges verneint.

Gegen dieses Urteil haben die Angeklagte, die leibliche Mutter des Mädchens als Nebenklägerin sowie die Staats­an­walt­schaft Revision eingelegt.

Der 4. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs hat den Schuldspruch des angefochtenen Urteils auf die Revision der Staats­an­walt­schaft dahin geändert, dass die Angeklagte der gefährlichen Körper­ver­letzung in der Tatalternative des § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig ist. Diese Vorschrift erfasst das Beibringen von Gift und anderen gesund­heits­schäd­lichen Stoffen, die im konkreten Fall die Eigenschaft eines Giftes haben. Dies hat der Senat auch für an sich unschädliche Stoffe des täglichen Bedarfs (hier: Kochsalz) bejaht, wenn ihre Beibringung mit der konkreten Gefahr einer erheblichen Körper­schä­digung verbunden ist.

Vorinstanz: Landgericht Frankenthal vom 15. Juli 2005 - 5520 Js 12141/04 - I Ks

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 45/2006 des BGH vom 16. März 2006

der Leitsatz

StGB § 224 Abs.1 Nr. 1

§ 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfasst auch Stoffe des täglichen Bedarfs, wenn ihre Beibringung mit der konkreten Gefahr einer erheblichen Schädigung im Einzelfall verbunden ist.

StPO § 354 Abs. 1 a

§ 354 Abs. 1 a StPO findet auch Anwendung, wenn das von der Staats­an­walt­schaft zu Ungunsten des Angeklagten angefochtene Urteil den Angeklagten begünstigende Rechtsfehler aufweist.

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