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Dokument-Nr. 1755

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Urteil19.01.2006Bundesgerichtshof4 StR 222/05
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Bundesgerichtshof Urteil19.01.2006

Entscheidung zur nachträglichen Anordnung der Siche­rungs­ver­wahrungFeststellung einer "dissozilaen Persön­lich­keits­s­törung" ist keine neue Anknüp­fung­s­tatsache

Der Bundes­ge­richtshof hat die nachträgliche Siche­rungs­ver­wahrung aufgehoben, die das Landgericht Magdeburg im Dezember 2004 gegen einen Straftäter verhängt hatte. Für die Anordnung der nachträglichen Siche­rungs­ver­wahrung müssen neue, erst im Strafvollzug aufgetauchte sog. Anknüp­fung­s­tat­sachen vorliegen. "Dissoziale Persön­lich­keits­s­tö­rungen"» stellen für sich keine neue Tatsache dar.

Das LG Magdeburg hat mit Urteil vom 20. Dezember 2004 gegen den Beschwer­de­führer gemäß § 66 b Abs. 2 StGB nachträglich die Siche­rungs­ver­wahrung angeordnet. Dieser war am 26. November 1992 wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden, da er auf eine ihm nur flüchtig bekannte Frau mit dem Springmesser eingestochen hatte, weil er sich in seiner Hoffnung auf ein sexuelles Abenteuer, zu der ihm das spätere Opfer keinen Anlass gegeben hatte, enttäuscht sah. Diese Tat hatte er begangen, nachdem er erst zwei Monate zuvor nach Teilverbüßung einer wegen Mordes durch das Bezirksgericht Halle angeordneten Freiheitsstrafe von 15 Jahren, die auf Grundlage des Einigungs­ver­trages in eine Jugendstrafe von zehn Jahren umgewandelt worden war, infolge Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung aus der Haft entlassen worden war. Der Verurteilte verbüßte die Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Magdeburg und die Reststrafe aus dem Urteil des Bezirksgerichts Halle bis zum 19. März 2002. Auch danach verblieb er weiterhin in der Justiz­voll­zugs­anstalt, zunächst auf Grund von Unter­brin­gungs­a­n­ord­nungen nach den Vorschriften des Gesetzes über die Unterbringung besonders rückfa­ll­ge­fährdeter Personen (UBG) des Landes Sachsen-Anhalt, und, nachdem das Bundes­ver­fas­sungs­gericht das Gesetz auf die Verfas­sungs­be­schwerde des Verurteilten für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt hatte, seit dem 28. Juli 2004 auf Grund Unter­brin­gungs­befehls des Landgerichts Magdeburg gemäß § 275 a Abs. 5 StPO.

Auf die Revision des Verurteilten hat der 4. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs das die nachträgliche Siche­rungs­ver­wahrung anordnende Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Landgericht Magdeburg zurückverwiesen. Den Unter­brin­gungs­befehl hat der Senat jedoch nicht aufgehoben.

§ 66 b StGB verlangt für eine Anordnung der nachträglichen Siche­rungs­ver­wahrung nach der Anlass­ver­ur­teilung erkennbar gewordene Tatsachen, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen. Eine solche neue Tatsache hat das Landgericht darin gesehen, dass bei dem Verurteilten während des Strafvollzugs eine "dissoziale Persön­lich­keits­s­törung" zutage getreten sei bzw. sich verfestigt habe. Diese Begründung des Landgerichts hat der Senat beanstandet. Denn nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Diagnose einer „dissozialen Persön­lich­keits­s­törung“ für sich keine neue Tatsache dar. Neue Tatsachen können vielmehr nur die dieser Wertung zugrunde liegenden sog. Anknüp­fung­s­tat­sachen sein. Hierauf, insbesondere auf die Auffälligkeiten des Verurteilten während des Strafvollzuges, hat das Landgericht seine Entscheidung jedoch nicht gestützt. Dies wird das Landgericht nunmehr zu prüfen haben. Die Sache muss deshalb neu verhandelt werden.

Vorinstanz:

Landgericht Magdeburg - Entscheidung vom 20. Dezember 2004 - 21 Ks 18/04

Quelle: ra-online Redaktion, Pressemitteilung Nr. 9/06 des BGH vom 20.01.2006

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