15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen die Ausrüstung eines Polizisten.

Dokument-Nr. 2365

Drucken
Urteil11.05.2006Bundesgerichtshof3 StR 389/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil11.05.2006

Bestechlichkeit setzt keine Unrechts­ver­ein­barung voraus - BGH hebt Freispruch des Hildesheimer Oberbür­ger­meisters aufBGH weist Sache an das Landgericht Göttingen zurück

Der Bundes­ge­richtshof hat den Freispruch des Hildesheimers Oberbür­ger­meisters sowie zweier Vorstände aufgehoben und die Sache an das Landgericht Göttingen zurückverwiesen, weil das Landgericht das Geschehen nicht unter allen Gesichtspunkten geprüft hat.

Das Landgericht Hildesheim hat den Oberbür­ger­meister der Stadt sowie zwei Vorstände der Stadtwerke Hildesheim AG vom Vorwurf der Bestechlichkeit und des Betruges freigesprochen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war die Stadt Hildesheim bestrebt, Anteile an ihrer privaten Energie­ver­sorgung zu verkaufen. Dabei wurde als Übernehmer der Geschäfts­anteile ein Konsortium von zwei überregional tätigen Energie­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen in Aussicht genommen. Bei zwei Gesprächen vor dem Vertragsschluss schilderte der Oberbür­ger­meister die finanziellen Probleme förde­rungs­würdiger Einrichtungen der Stadt, worauf von Seiten eines Kaufin­ter­es­senten eine Spende von einer Million DM angekündigt wurde. Nachdem der Stadtrat der Veräußerung zugestimmt hatte, bat der Oberbür­ger­meister bei dem anderen Unternehmen ebenfalls um eine Spende und erhielt die Zusage über eine Zahlung von 250.000 DM. Um die Unternehmen nicht als Spender in Erscheinung treten zu lassen, gründeten die Angeklagten zusammen mit vier anderen Personen einen Verein, dem sie den Namen „pecunia n.o.“ (= pecunia non olet) gaben. In der Folgezeit überwiesen die beiden Käufer insgesamt 920.000 DM an den Verein. Ein Teilbetrag wurde von diesem satzungsgemäß an kulturelle Einrichtungen weitergereicht.

Das Landgericht hat den Freispruch vom Vorwurf der Bestechlichkeit damit begründet, es sei keine Unrechts­ver­ein­barung zwischen den Angeklagten und den Managern der Energie­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen zustande gekommen. Auch einen Betrug durch Täuschung der Spender über die beabsichtigte Verwendung der Gelder konnte das Landgericht nicht feststellen.

Auf die Revision der Staats­an­walt­schaft hat der 3. Strafsenat das Urteil aufgehoben, weil das Landgericht von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt ausgegangen ist. Für die den Angeklagten vorgeworfene Bestechlichkeit in der Begehungsform des Forderns eines Vorteils reicht es aus, wenn das Verlangen eines Vorteils dem Angesprochenen zur Kenntnis kommt und der Amtsträger dabei will, dass sein Verlangen als im Zusammenhang mit der zukünftigen Diensthandlung stehend verstanden wird. Einer zwischen dem Amtsträger und dem Angesprochenen getroffenen Unrechts­ver­ein­barung bedarf es - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht. Darüber hinaus hat das Landgericht seine Überzeugung, die Zahlungen seien ohne Bezug zu den Dienst­hand­lungen der Angeklagten erfolgt, auf der Grundlage einer nur unvollständigen und damit rechts­feh­ler­haften Würdigung der erhobenen Beweise gefunden.

Diese Fehler mussten zur Aufhebung des Freispruchs führen, weil eine Verurteilung der Angeklagten aufgrund des bislang festgestellten Sachverhalts wegen Bestechlichkeit als möglich erscheint.

Der 3. Strafsenat hat darauf hingewiesen, dass das Verhalten der Angeklagten auch unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsannahme, der Untreue zum Nachteil der Stadtwerke oder der Stadt sowie erneut unter dem Aspekt des Betruges zu prüfen sein wird.

Der Bundes­ge­richtshof hat die Sache an das Landgericht Göttingen zurückverwiesen.

Erläuterungen
Vorinstanz

Landgericht Hildesheim – Entscheidung vom 27. April 2005 -16 KLs 42232 Js 38704/02

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 74/06 des BGH vom 11.05.2006

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil2365

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI