21.11.2024
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Dokument-Nr. 8837

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Urteil27.11.2009Bundesgerichtshof2 StR 104/09 (Jürgen Emig u.a.)
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AfP 2010, 155Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht (AfP), Jahrgang: 2010, Seite: 155
  • BGHSt 54, 202Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshof in Strafsachen (BGHSt), Band: 54, Seite: 202
  • JuS 2010, 828 (Bernd Hecker)Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2010, Seite: 828, Entscheidungsbesprechung von Bernd Hecker
  • K&R 2010, 264Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2010, Seite: 264
  • NJW 2010, 784Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2010, Seite: 784
  • NJW-Spezial 2010, 121Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2010, Seite: 121
  • NStZ 2010, 207Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2010, Seite: 207
  • StV 2011, 359Zeitschrift: Der Strafverteidiger (StV), Jahrgang: 2011, Seite: 359
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil27.11.2009

Verantwortliche Redakteure der öffentlich-rechtlichen Rundfunk­an­stalten sind Amtsträger im Sinne des StrafrechtsBGH bestätigt Verurteilung des ehemaligen Redak­ti­o­ns­leiters Jürgen Emig vom Hessischen Rundfunk wegen Bestechlichkeit und Untreue

Verantwortliche Redakteure der öffentlich-rechtlichen Rundfunk­an­stalten sind als Amtsträger im straf­recht­lichen Sinne anzusehen, weil sie "bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung … wahrnehmen" (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB). Deshalb finden auf sie die Bestechungs­tatbestände der §§ 332, 334 StGB Anwendung. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. E wegen Bestechlichkeit in sechs Fällen, Untreue in sechs Fällen und Beihilfe zur Bestechung zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von zwei Jahren und acht Monaten und den Angeklagten F. wegen Bestechung in fünf Fällen und Beihilfe zur Untreue in fünf Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von einem Jahr und zehn Monaten zur Bewährung verurteilt.

Streit um Amtsträ­ge­rei­gen­schaft im Sinne des Strafrechts

Die Angeklagten haben sich mit ihren Revisionen vor allem gegen die Annahme des Landgerichts gewendet, der Angeklagte Dr. E. sei Amtsträger im Sinne der straf­recht­lichen Vorschriften gewesen.

Bundes­ge­richtshof bestätigt Urteil des Landgerichts

Der 2. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs hat die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten Dr. E. und F. als unbegründet verworfen, weil die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu deren Nachteil ergeben hat. Die Verurteilungen sind damit rechtskräftig.

Sachverhalt

Der Angeklagte Dr. E. war von 1987 bis März 2004 im Angestell­ten­ver­hältnis Leiter der Sportredaktion des Hessischen Rundfunks (hr). Nach den Feststellungen des Landgerichts gründete auf seine Veranlassung der Angeklagte F. Anfang 2000 die SMP GmbH, die sich mit der Vermarktung von Sport­ver­an­stal­tungen befasste. An diesem Unternehmen wirtschaftlich beteiligt war zunächst nur die Ehefrau des Angeklagten Dr. E.; der geschäfts­führende Allein­ge­sell­schafter F. war deren Strohmann und wurde gemeinsam mit seiner Ehefrau erst ab 2001 ebenfalls beteiligt. Der Angeklagte Dr. E. veranlasste von 2000 bis 2003 in einer Reihe von Fällen Veranstalter, die sich wegen einer Übertragung von Sporte­r­eig­nissen an ihn als Leiter der Sportredaktion des hr gewandt und Bereitschaft zu einer Beteiligung an den Produk­ti­o­ns­kosten gezeigt hatten, Vermitt­lungs­verträge mit der SMP zu schließen. Die SMP behielt, wie vom Angeklagten beabsichtigt, ohne Wissen des hr von den Zahlungen der Veranstalter in einigen Fälle Beträge ein, die die Höhe einer üblichen Vermitt­lungs­pro­vision deutlich überstiegen, in anderen Fällen sogar den jeweiligen Gesamtbetrag. Der Angeklagte verstieß zudem bei der inhaltlichen Gestaltung von Sendungen des hr in mehreren Fällen zu Gunsten der Kunden der SMP gegen das Schleich­wer­bungs­verbot des Rundfunkstaats­vertrags. Der Gewinn der SMP wurde für die Jahre 2001 bis 2003 an beide Angeklagten bzw. deren Ehefrauen in jeweils gleicher Höhe ausgeschüttet. Die Angeklagten hatten vereinbart, dass der Angeklagte Dr. E. seinen Gewinnanteil als Gegenleistung für die von ihm unter Umgehung des hr zu Gunsten der SMP entfalteten Tätigkeiten erhalten sollte.

Untreue zum Nachteil des hr

Das Landgericht hat die Manipulationen des Angeklagten Dr. E. im Zusammenhang mit den Vermitt­lungs­auf­trägen der SMP jeweils als Untreue zum Nachteil des hr gewürdigt, zu der der Angeklagte F. Beihilfe geleistet habe. Die durch den Angeklagten F. als Geschäftsführer der SMP vorgenommenen Gewin­n­aus­schüt­tungen an den Angeklagten Dr. E. hat es jeweils als Bestechung bzw. Bestechlichkeit gewürdigt.

Der Angeklagte Dr. E. erhielt zudem in den Jahren 2001 bis 2003 von der Veranstalterin des Radrennens "Rund um den Henninger Turm" in Frankfurt Zahlungen, die als Vermitt­lungs­pro­vi­sionen für die Gewinnung von Sponsoren durch den Angeklagten deklariert wurden. Tatsächlich dienten sie jedoch zumindest zum Teil als Gegenleistung dafür, dass der Angeklagte auf die Übertragung der Rennen durch den hr inhaltlich Einfluss im Sinne der Interessen der Veranstalterin und ihrer Sponsoren nahm.

Bestechlichkeit

Das Landgericht hat die Annahme dieser Zahlungen durch den Angeklagten Dr. E. jeweils als Bestechlichkeit gewertet.

Gegenstand des Urteils sind außerdem zwei Beste­chungs­zah­lungen des Angeklagten F. an den damaligen Sportchef des Mitteldeutschen Rundfunks, zu denen der Angeklagte Dr. E. in einem Fall Beihilfe geleistet hatte.

BGH zur Amtsträ­ge­rei­gen­schaft im Sinne des Strafrechts

Der 2. Strafsenat hat insbesondere die Auffassung des Landgerichts bestätigt, dass die verant­wort­lichen Redakteure der öffentlich-rechtlichen Rundfunk­an­stalten als Amtsträger im straf­recht­lichen Sinne anzusehen sind, weil sie "bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung … wahrnehmen" (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB). Deshalb finden auf sie die Beste­chung­s­tat­be­stände der §§ 332, 334 StGB Anwendung. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk­an­stalten sind als Anstalten des öffentlichen Rechts insti­tu­ti­o­na­lisiert. Sie finanzieren sich durch eine Gebührenpflicht, die ohne Rücksicht auf die Nutzungs­ge­wohn­heiten der Empfänger allein an den Teilneh­m­er­status anknüpft. Mit der Sicherstellung der unerlässlichen Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunk­pro­grammen erfüllen sie eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB. Der verfas­sungs­rechtliche Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks steht dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar folgt aus der verfas­sungs­recht­lichen Gewährleistung der Rundfunk­freiheit, dass die Rundfunk­an­stalten dem staatlichen Einfluss entzogen oder höchstens einer beschränkten staatlichen Rechtsaufsicht unterworfen sind. Dennoch handelt es sich bei der Erfüllung des sog. "klassischen Rundfunk­auftrags" nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts um eine öffentliche Aufgabe der Bundesländer, die diese ihrerseits den öffentlich-rechtlichen Rundfunk­an­stalten zugewiesen haben, weil sie ihn wegen des Gebots der Staatsfreiheit nicht unmittelbar wahrnehmen können. Dem entspricht es, dass auch das Bundes­ver­fas­sungs­gericht die öffentlich-rechtlichen Rundfunk­an­stalten ungeachtet ihrer Staatsfreiheit als Träger mittelbarer Staats­ver­waltung gewertet hat.

Aus dem Gesetzestext

§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB:

Erläuterungen

"Im Sinne dieses Gesetzes ist …

Amtsträger: wer nach deutschem Recht … sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufga­be­n­er­füllung gewählten Organi­sa­ti­o­nsform wahrzunehmen …"

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

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