21.11.2024
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Dokument-Nr. 23235

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Beschluss28.06.2016Bundesgerichtshof1 StR 613/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2016, 2818Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2016, Seite: 2818
  • NJW-Spezial 2016, 569 (Klaus Leipold, Stephan Beukelmann)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2016, Seite: 569, Entscheidungsbesprechung von Klaus Leipold und Stephan Beukelmann
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Vorinstanz:
  • Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil19.08.2015, 1 KLs 359 Js 25693/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss28.06.2016

BGH: Heroinkonsum zur Eigenbehandlung von erheblichen Schmerzen nicht durch Notstand gerechtfertigtSchmerz­lin­derung durch andere Maßnahmen als Heroineinnahme möglich

Konsumiert eine Person zur Linderung von erheblichen krank­heits­be­dingten Schmerzen Heroin, so ist dieser strafbare Umgang mit Betäu­bungs­mitteln nicht durch Notstand gemäß § 34 StGB gerechtfertigt. Denn die Schmerz­lin­derung kann durch andere Maßnahmen erreicht werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2013 erlitt eine Frau einen massiven Schub ihrer Sarkoidose-Erkrankung. Aufgrund der damit verbundenen erheblichen Schmerzen war es ihr nicht mehr möglich das Bett zu verlassen. Da die vom Arzt verschriebenen Schmerzmittel nicht geholfen haben und die Frau sich weigerte morphinhaltige Medikamente zu sich zu nehmen, beschaffte sie sich Heroin, um ihre Schmerzen zu lindern. Aufgrund des Konsums der Droge war sie in der Lage, zur Arbeit zu gehen und sich um ihre Kinder zu kümmern. Nachdem die Frau im Dezember 2014 von der Polizei dabei ertappt wurde, von einem Kontaktmann ihres Verkäufers 58 g Heroin entgegen zu nehmen, wurde sie unter anderem wegen unerlaubten Sichver­schaffens von Betäu­bungs­mitteln in nicht geringer Menge angeklagt und vom Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilt. Dagegen richtete sich ihre Revision. Nach Meinung der Frau, sei ihr Drogenkonsum wegen der damit verbundenen Schmerzlinderung gerechtfertigt gewesen.

Strafbarkeit wegen Sichver­schaffens von Betäu­bungs­mitteln in nicht geringer Menge

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Revision der Frau zurück. Sie habe sich wegen unerlaubten Sichver­schaffens von Betäu­bungs­mitteln in nicht geringer Menge strafbar gemacht.

Keine Rechtfertigung des Drogenkonsums durch Notstand

Zwar habe eine gegenwärtige Gefahr für die Gesundheit der Frau vorgelegen, so der Bundes­ge­richtshof. Dennoch sei die Straftat nicht wegen Notstands gemäß § 34 StGB gerechtfertigt gewesen. Das unerlaubte Verschaffen von Heroin sei nicht erforderlich gewesen, um die mit dem Krankheitsschub einhergehenden Schmerzen zu lindern und die Arbeits­fä­higkeit zu erhalten.

Legale Möglichkeiten der Schmerz­be­handlung

Es sei nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs zu beachten gewesen, dass die Frau keine legalen Möglichkeiten einer effektiven Schmerz­be­handlung ergriffen habe. Sie habe vielmehr gleich nach Beginn des Krank­heits­schubes auf unerlaubte Drogen zugegriffen, ohne einen Versuch zu unternehmen, mit dem behandelnden Arzt eine andere Schmerz­me­di­kation umzusetzen. Auch eine Ausnah­me­ge­neh­migung gemäß § 3 Abs. 2 des Betäu­bungs­mit­tel­ge­setzes sei nicht in Betracht gezogen worden. Eine solche komme aber grundsätzlich zur Sicherstellung einer notwendigen medizinischen Versorgung eines Patienten in Betracht. Dies gelte nicht für Canna­bis­produkte, sondern auch für Heroinprodukte, die zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden sollen. In diesem Zusammenhang verwies der Bundes­ge­richtshof darauf, dass mit für die Substi­tu­ti­o­ns­be­handlung zugelassenen Diamorphin ein mit Heroin substanz­gleiches Produkt mit gleicher Wirkung zur Verfügung stehe.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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