15.11.2024
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Dokument-Nr. 2052

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Beschluss10.01.2006Bundesgerichtshof1 StR 527/05
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AfP 2006, 238Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht (AfP), Jahrgang: 2006, Seite: 238
  • JR 2006, 389Zeitschrift: Juristische Rundschau (JR), Jahrgang: 2006, Seite: 389
  • NJW 2006, 1220Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2006, Seite: 1220
  • NStZ-RR 2007, 55Zeitschrift: NStZ-Rechtsprechungsreport (NStZ-RR), Jahrgang: 2007, Seite: 55
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Vorinstanz:
  • Landgericht Ingolstadt, Urteil13.05.2005, JKls 11 Js 491/04
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss10.01.2006

Gerichte dürfen Presse­ver­tretern Zuschauerplätze für die Haupt­ver­sammlung freihaltenBGH stärkt die Funktion der Presse für die Öffentlichkeit der Haupt­ver­handlung

Gerichte dürfen Presse­ver­tretern Zuschauerplätze für die Haupt­ver­sammlung freihalten. Das hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im Jahr 2001 verschwand ein Landwirt aus Neuburg an der Donau spurlos. Seine Leiche wurde nie gefunden. Nach den Feststellungen des Urteils des Landgerichts Ingolstadt vom 13. Mai 2005 wurde er in der Nacht vom 12. auf den 13. Oktober 2001 im gemeinsamen Wohnhaus der Familie getötet. Der damals 18 Jahre alte im Haus lebende Freund seiner Tochter und seine damals 46 Jahre alte Ehefrau schlugen zunächst mit einer Holzlatte dem Landwirt ins Genick und auf den Rücken; der Freund der Tochter schlug später mit einem Zimmer­manns­hammer mehrfach auf den Kopf des Landwirts ein. Dem Tatplan entsprechend verstarb der Landwirt infolge der Gewal­t­hand­lungen. Seinen beiden damals 16- und 15-jährigen Töchtern wurde eine Beihilfe durch Unterlassen angelastet. Sie wussten von dem Tatplan, billigten ihn, waren bei den Gewal­t­hand­lungen anwesend und schritten nicht ein. Der Freund der Tochter zerteilte am nächsten Tag die Leiche, warf einige Leichenteile den Hunden zum Fraß vor und entsorgte die restlichen Leichenteile an einem unbekannten Ort. Hintergrund der Tat waren zerrüttete Famili­en­ver­hältnisse, insbesondere auch der jahrelange sexuelle Missbrauch der beiden Töchter durch ihren Vater. Drei der vier Angeklagten hatten die Tat während des Ermitt­lungs­ver­fahrens ganz oder zum Teil eingestanden, widerriefen allerdings das (Teil)Geständnis später.

Die 1. Jugendkammer des Landgerichts Ingolstadt hat den Freund der Tochter und die Ehefrau wegen gemein­schaft­lichen Totschlags zu einer Jugendstrafe bzw. Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten, die beiden Töchter wegen durch Unterlassen begangener Beihilfe zum Totschlag zu Jugendstrafen von drei Jahren und sechs Monaten bzw. zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der 1. Strafsenat des Bundes­ge­richtshofs hat am 10. Januar 2006 die Revisionen der Angeklagten verworfen. Das Urteil des Landgerichts Ingolstadt ist damit rechtskräftig. Der 1. Strafsenat hat sich mit der von den Angeklagten erhobenen Rüge einer Verletzung der Öffentlichkeit näher ausein­an­der­gesetzt. Er hat entschieden, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn einige Zuschauerplätze – nicht alle – Presse­ver­tretern vorbehalten bleiben. Dies folgt aus der besonderen Funktion der Presse, deren Anwesenheit schon im Ansatz die öffentliche Kontrolle von Gerichts­ver­hand­lungen nicht einschränkt, sondern fördert.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm)

der Leitsatz

StPO § 338 Nr. 6, § 344 Abs. 2 Satz 2; GVG § 169 Abs. 1, § 176

1. Die Entscheidung über die Anzahl der bei einem Augenschein an beengter Örtlichkeit (hier: schmales Treppenhaus) zugelassenen Zuhörer ist vom Revisi­ons­gericht nur auf Ermessensfehler überprüfbar.

2. Ein Teil der bei öffentlichen Verhandlungen der Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Plätze kann Presse­ver­tretern vorbehalten bleiben.

3. Zum notwendigen Revisi­ons­vortrag, wenn eine Verletzung des Öffent­lich­keits­grund­satzes bei einem Augenschein an beengter Örtlichkeit im Hinblick auf die Auswahl der konkret zugelassenen Zuhörer gerügt wird.

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