15.11.2024
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Dokument-Nr. 1942

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Urteil21.02.2006Bundesgerichtshof1 StR 456/05
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Bundesgerichtshof Urteil21.02.2006

BGH hebt Urteil im Fall einer Kindstötung im Strafausspruch auf

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen die Entscheidung haben der Angeklagte und - zu seinen Gunsten – auch die Staats­an­walt­schaft Revision eingelegt.

Nach den Feststellungen des Urteils tötete der heute 38 Jahre alte Angeklagte am Abend des 05. Juli 2002 seinen 2½ Monate alten Sohn Julian. Nachdem die Ehefrau des Angeklagten und Mutter des Kindes zu Bett gegangen war, deckte er im Wohnzimmer der gemeinsamen Ehewohnung den Kopfausschnitt einer Baby-Tragetasche, in der Julian lag, mit Wolldecken möglichst luftdicht ab. Wie der Angeklagte beabsichtigte, erstickte Julian daraufhin. Der Säugling litt seit seiner Geburt an dem sog. Apert-Syndrom. Julian hatte schwere Missbildungen am Kopf sowie an den Händen und Füßen. Seine Atmung musste operativ stabilisiert werden. Auch lagen Hinweise auf Hirnfehl­bil­dungen vor. Mit hoher Wahrschein­lichkeit hätte Julian nur das Kleinkindalter erreicht. Der Angeklagte handelte vor allem aus dem Motiv, seine seit der Geburt von Julian stark gefährdete Ehe zu erhalten; daneben wollte er dem Kind weitere Qualen ersparen. Nachdem das Ermitt­lungs­ver­fahren mangels Anhaltspunkten für einen unnatürlichen Tod zunächst eingestellt worden war, offenbar-te sich der Angeklagte im November 2003 freiwillig den Ermitt­lungs­be­hörden.

Die Schwur­ge­richts­kammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth befand den Angeklagten des Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) für schuldig, nahm jedoch wegen besonderer für ihn sprechender Umstände einen minder schweren Fall (§ 213 Alt. 2 StGB) an. Mit ihrer Revision beanstanden der Angeklagte und die Staats­an­walt­schaft, dass das Landgericht es angesichts die Atmung beein­träch­ti­gender Vorschäden von Juli-an nicht sicher ausgeschlossen habe, dass dieser an einem spontanen Atemversagen verstorben sei, sodass der Angeklagte nur wegen versuchten Totschlags hätte verurteilt werden dürfen. Außerdem habe das Tatgericht mit der Höhe der Freiheitsstrafe die Grenzen gerechten Schuld­aus­gleichs überschritten.

Der Bundes­ge­richtshof hat das Urteil des Landgerichts im Strafausspruch aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth zurückverwiesen. Er führt aus, dass der Schuldspruch wegen vollendeten Totschlages von den fehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts getragen werde. Außerdem habe die Strafkammer zu Recht darauf hingewiesen, dass die eingeschränkte Lebenserwartung des Kindes oder dessen erhebliche Behinderungen von Vorneherein als dem Angeklagten begünstigende Umstände außer Betracht zu bleiben haben. Die Straf­zu­mes­sungs­er­wä­gungen des Landgerichts seien gleichwohl lückenhaft, da das Landgericht nicht alle zur Motivlage des Angeklagten festgestellten Umstände in jeder Hinsicht erschöpfend gewürdigt habe. Daher sei über die Strafhöhe neu zu entscheiden.

Vorinstanz:

Landgericht Nürnberg-Fürth – Entscheidung vom 28. April 2005 – 5 Ks 103 Js 2089/2003

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 21.02.2006

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