15.11.2024
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Dokument-Nr. 2332

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Urteil08.05.2006Bundesgerichtshof II ZR 27/05
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Bundesgerichtshof Urteil08.05.2006

BGH weist Aktionärsklage auf Abfindung gegen die Jenoptik AG ab

Der Bundes­ge­richtshof hatte über die Revision der beklagten Jenoptik AG gegen ein Urteil des Thüringer Oberlan­des­ge­richts in Jena zu entscheiden, durch das einem Aktionär eine Abfindung von rund 292.272 € gegen die Übernahme seiner 11.025 Aktien der ehemals von der Jenoptik AG beherrschten D-AG zugesprochen worden war.

Die Jenoptik AG beherrschte auf der Grundlage eines Beherrschungs- und Gewin­n­ab­füh­rungs­ver­trages die börsennotierte D-AG. Dieser Vertrag räumte den außenstehenden Aktionären zur Sicherung gegen die Beein­träch­tigung ihrer aus der Mitgliedschaft abgeleiteten Herrschafts­rechte gegen die herrschende Gesellschaft u. a. ein Optionsrecht auf Übernahme ihrer Aktien gegen Zahlung einer Abfindung von 26,51 € je Aktie ein. Vor Beendigung eines von einigen Aktionären – u. a. dem Kläger – über die Angemessenheit der Abfindung angestrengten Spruch­ver­fahrens kündigte die Beklagte den Unter­neh­mens­vertrag zum 31. Dezember 1999. Danach veräußerte sie ca. 6 % der von ihr seinerzeit zu 99 % gehaltenen D-AG-Aktien über die Börse; durch zwischen­zeitlich durchgeführte Kapita­l­e­r­hö­hungen der D-AG ist die Zahl der im Streubesitz befindlichen Aktien weiter angestiegen. Der Börsenkurs der D-AG-Aktie, der im Jahr 2000 seinen Höchststand von knapp 100,00 € erreichte, entwickelte sich seit Anfang 2001 negativ und lag im vergangenen Jahr zeitweise unter 2 €.

Der Kläger hat vorgerichtlich und im Rechtsstreit um die von ihm begehrte Abfindung die Erbringung des Nachweises seiner Abfin­dungs­be­rech­tigung – insbesondere hinsichtlich des Zeitpunktes des Erwerbs der D-AG-Aktien – abgelehnt; er hat vielmehr die Ansicht vertreten, hierfür nicht beweispflichtig zu sein, da die Beklagte durch den Verkauf eigener, „nicht abfin­dungs­be­rech­tigter“ Aktien ohne deren Kennzeichnung mit einer neuen Wertpa­pier­kenn­nummer am Kapitalmarkt eine Vermischung von Aktien mit Abfin­dungs­an­spruch und solchen ohne Abfin­dungs­an­spruch schuldhaft verursacht und ihm dadurch den Beweis seiner Abfin­dungs­be­rech­tigung unmöglich gemacht habe. Das Oberlan­des­gericht ist dieser Argumentation gefolgt und hat – anders als das Landgericht – der Klage stattgegeben.

Demgegenüber hat der II. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs einen Anspruch des Klägers auf Zahlung der geltend gemachten Abfindung gegen Erwerb seiner 11.025 D-AG-Aktien verneint, weil dieser nicht den ihm obliegenden Nachweis für die anspruchs­be­gründende Tatsache geführt hat, dass er auch in der hier vorliegenden besonderen Konstellation des sogenannten vertrags­über­dau­ernden Spruch­ver­fahrens die persönliche Eigenschaft als "außenstehender Aktionär“, an die der Beherrschungs- und Gewin­n­ab­füh­rungs­vertrag in Übereinstimmung mit der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 305 Abs. 1 AktG die Anspruchs­be­rech­tigung hinsichtlich des Abfin­dungs­an­spruchs knüpft, vor Beendigung des Unter­neh­mens­ver­trages erworben hat.

Nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des Gesetzes und des gleichlautenden Unter­neh­mens­ver­trages als auch insbesondere aus dem Vertrags- bzw. Gesetzeszweck der Sicherung des außenstehenden Aktionärs gegen die Beein­träch­tigung seiner aus der Mitgliedschaft abgeleiteten Herrschafts­rechte, dass während der Dauer des Unter­neh­mens­ver­trages in der Person eines jeden Aktienerwerbers, der nicht dem herrschenden Unternehmen zuzuordnen und damit außenstehender Aktionär ist, mit dem Erwerb der Aktie - unabhängig von Art und Zeitpunkt des Erwerbs und der Person des Veräußerers - zugleich das Abfindungsrecht stets originär entsteht. Da dieser Abfindungs-(options-)anspruch kein in der Aktie verkör-pertes, verkehrsfähiges Recht ist, das rechts­ge­schäftlich mit der Veräußerung der Aktie übergeht, sondern nur einem außenstehenden Aktionär - jeweils originär entstehend - „ad personam“ zusteht, kann es bei einer Übertragung von Aktien nach Beendigung des Unter­neh­mens­ver­trages von dem Käufer solcher Aktien nicht mehr neu erworben werden; denn dieser kann – selbst wenn der Veräußerer ein ehemals außenstehender Aktionär war - nach Gesetz und Vertrag die für den Abfin­dungs­an­spruch erforderliche persönliche Eigenschaft eines außenstehenden Aktionärs nach der Beendigung des Unter­neh­mens­ver­trages keinesfalls mehr erwerben.

Daran ändert auch die - hier vorliegende - besondere Konstellation des vertrags­über­dau­ernden Spruch­ver­fahrens nichts. Denn dieses gewährt allein den zur Zeit der Beendigung des Unter­neh­mens­ver­trages an dem anhängigen Spruchverfahren beteiligten oder davon sonst begünstigten außenstehenden Aktionären Schutz vor einer nachteiligen Veränderung ihrer mit der Abfin­dungs­option verbundenen bisherigen Rechtsstellung, erstreckt jedoch die Abfin­dungs­pflicht des bislang herrschenden Unternehmens nicht auf künftige Aktienerwerber.

Danach hat es dabei zu verbleiben, dass dem Kläger als Anspruchsteller der Nachweis oblag, das Eigentum an sämtlichen Aktien, für die er im vorliegenden Verfahren einen Abfin­dungs­an­spruch geltend gemacht hat, bereits vor der Beendigung des Beherr­schungs­ver­trages erworben zu haben.

Erläuterungen
Vorinstanzen

LG Gera - Urteil vom 01.04.2003 – 2 HKO 272/02

OLG Jena - Urteil vom 22.12.2004 – 7 U 391/03

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 70/06 des BGH vom 08.05.2006

der Leitsatz

AktG § 305

a) Der Anspruch auf Abfindung nach § 305 AktG ist kein wertpapiermäßig in der Aktie verkörpertes Mitglied­s­chaftsrecht, sondern ein schuld­recht­licher Anspruch auf der Grundlage des Beherrschungs- und/oder Gewin­n­ab­füh­rungs­ver­trages gegen das herrschende Unternehmen.

b) Der Abfin­dungs­an­spruch entsteht aufgrund des Beherrschungs- und/ oder Gewin­n­ab­füh­rungs­ver­trages stets originär in der Person eines jeden außenstehenden Aktionärs.

c) Nach dem Ende des Unter­neh­mens­ver­trages kann die Rechtsstellung eines außenstehenden Aktionärs i.S. von § 305 AktG nicht mehr neu erworben werden. Das gilt auch im Fall des sog. vertrags­über­dau­ernden Spruch­ver­fahrens. In dieser Konstellation gilt der materiell-rechtliche Fortbestand der Abfin­dungs­be­rech­tigung während der Anhängigkeit des Spruch­ver­fahrens (BGHZ 135, 374) nur zugunsten der im Zeitpunkt der Beendigung des Unter­neh­mens­ver­trages vorhandenen außenstehenden Aktionäre, nicht hingegen für künftige Erwerber von Aktien der ehemals abhängigen Gesellschaft.

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