21.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil19.05.2021

BFH weist Klage wegen doppelter Renten­be­steuerung abIm vorliegenden Fall keine Doppel­be­steuerung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat erstmals genaue Berechnungs­parameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Zwar hatte die Revision des Klägers – der eine seit dem Jahr 2007 laufende Rente mit entsprechend hohem Renten­frei­betrag bezieht – keinen Erfolg. Allerdings ergibt sich auf der Grundlage der Berech­nungs­vorgaben des BFH, dass spätere Rentner­jahrgänge von einer doppelten Besteuerung ihrer Renten betroffen sein dürften. Dies folgt daraus, dass der für jeden neuen Rentnerjahrgang geltende Renten­frei­betrag mit jedem Jahr kleiner wird. Er dürfte daher künftig rechnerisch in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Renten­versicherungs­beiträge zu kompensieren.

Im Streitfall war der Kläger während seiner aktiven Erwer­b­s­tä­tigkeit überwiegend selbständig als Steuerberater tätig. Auf seinen Antrag hin war er in der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung

versi­che­rungs­pflichtig. Er zahlte seine Rentenbeiträge größtenteils aus eigenem Einkommen. Dabei konnte er diese Aufwendungen nur begrenzt als Sonderausgaben abziehen, also nur zum Teil „steuerlich absetzen“. Seit 2007 erhält der Kläger eine Altersrente. Im vorliegenden Verfahren wandte er sich gegen deren Besteuerung im Jahr 2008.

Kläger monierte verfas­sungs­widrige doppelte Besteuerung von Teilen seiner Rente

Das Finanzamt hatte – entsprechend der gesetzlichen Überg­angs­re­gelung – 46 % der ausgezahlten Rente als steuerfrei behandelt und die verbleibenden 54 % der Einkommensteuer unterworfen. Der Kläger hat eine eigene Berechnung vorgelegt, nach der er rechnerisch deutlich mehr als 46 % seiner Renten­ver­si­che­rungs­beiträge aus seinem bereits versteuerten Einkommen geleistet hat. Nach seiner Auffassung liegt deshalb eine verfas­sungs­widrige doppelte Besteuerung von Teilen seiner Rente vor.

BFH: Es darf nicht zur Doppel­be­steuerung kommen

Das Finanzgericht sah dies anders und wies die Klage ab. Auch der BFH ist der Auffassung des Klägers nicht gefolgt. Vielmehr hält er an seiner bisherigen, vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht (BVerfG) bestätigten Rechtsprechung zur Renten­be­steuerung fest, nach der sowohl der mit dem Alter­sein­künf­te­gesetz eingeleitete Systemwechsel zur nachgelagerten Besteuerung von Altersbezügen als auch die gesetzlichen Überg­angs­re­ge­lungen im Grundsatz verfas­sungs­konform sind. Klar ist danach aber auch, dass es im konkreten Einzelfall nicht zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommen darf. Eine solche doppelte Besteuerung wird vermieden, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse (kurz: steuerfreier Rentenbezug) mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Renten­ver­si­che­rungs­beiträge.

Geldentwertung bei Berechnung nicht zu berücksichtigen

Der Auffassung der Kläger, nach der die zwischen der früheren Beitragszahlung und dem heutigen bzw. künftigen Rentenbezug eintretende Geldentwertung im Rahmen der Berechnung zu berücksichtigen sei, folgte der Senat nicht. Für eine solche Abweichung vom sog. Nominal­wert­prinzip sah er weder im Einkom­men­steu­errecht noch im Verfas­sungsrecht eine Grundlage. Infolgedessen können Wertstei­ge­rungen der Renten - unabhängig davon, ob sie infla­ti­o­ns­bedingt sind oder eine reale Erhöhung darstellen - besteuert werden.

BFH legt Berech­nungs­pa­rameter für die Ermittlung etwaiger Doppelt­be­steuerung fest

Erstmals hat der BFH jetzt konkrete Berech­nungs­pa­rameter für die Ermittlung einer etwaigen doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Dabei hat er klargestellt, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Renten­frei­beträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinter­blie­be­nenrente zu rechnen sind. Alle anderen Beträge, die die Finanz­ver­waltung ebenfalls als „steuerfreien Rentenbezug“ in die Vergleichs­rechnung einbeziehen möchte, bleiben allerdings nach Auffassung des BFH unberück­sichtigt. Sie dienen anderen – überwiegend verfas­sungs­rechtlich gebotenen und daher für den Gesetzgeber nicht dispositiven – Zwecken und können daher nicht nochmals herangezogen werden, um eine doppelte Besteuerung von Renten rechnerisch zu vermeiden. Damit bleibt insbesondere auch der sog. Grundfreibetrag, der das steuerliche Existenzminimum jedes Steuer­pflichtigen sichern soll, bei der Berechnung des „steuerfreien Rentenbezugs“ unberück­sichtigt. Für die Ermittlung des aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Teils der Renten­ver­si­che­rungsbei-träge hat der X. Senat ebenfalls konkrete Berech­nungs­pa­rameter formuliert.

BFH verneint doppelte Besteuerung

Bei Anwendung dieser Berech­nungs­grundsätze konnte die Revision der Kläger keinen Erfolg haben. Angesichts des noch recht hohen Renten­frei­betrags von 46 % der Rentenbezüge des Klägers ergab sich keine doppelte Besteuerung. Diese zeichnet sich allerdings für spätere Rentner­jahrgänge, für die der Rentenfreibetrag nach der gesetzlichen Überg­angs­re­gelung immer weiter abgeschmolzen wird, ab. Denn auch diese Rentner­jahrgänge haben erhebliche Teile ihrer Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/ab)

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