21.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil07.02.2018

Verluste durch Anlagebetrug mit nicht existierenden Block­heiz­kraft­werken können steuerlich geltend gemacht werdenBFH entscheidet in Musterverfahren für mehr als 1.400 geschädigte Anleger

Beteiligt sich der Anleger an einem von ihm nicht erkannten Schnee­ba­ll­system, das aus seiner Sicht zu gewerblichen Einkünften führen soll, ist er berechtigt, den Verlust seines Kapitals steuerlich geltend zu machen. Dies entschied der Bundesfinanzhof in einem Musterverfahren für mehr als 1.400 geschädigte Anleger.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte der Kläger mit mehreren Gesellschaften der X-Gruppe Verträge über den Erwerb von Block­heiz­kraft­werken abgeschlossen und die Kaufpreise gezahlt. Den späteren Betrieb der Block­heiz­kraftwerke hatte er vertraglich an die X-Gruppe übertragen; die wirtschaft­lichen Chancen und Risiken aus dem Betrieb sollten beim Kläger liegen. Tatsächlich hatten die Verant­wort­lichen der X-Gruppe jedoch niemals beabsichtigt, die Block­heiz­kraftwerke zu liefern. Sie hatten vielmehr ein betrügerisches "Schnee­ba­ll­system" aufgezogen und wurden hierfür später strafrechtlich verurteilt. Wenige Monate nachdem der Kläger die Kaufpreise gezahlt hatte, wurden die Gesellschaften der X-Gruppe insolvent. Die vom Kläger geleisteten Zahlungen waren verloren.

Finanzamt verneint einkom­men­steu­erliche Berück­sich­tigung der Verluste

Das Finanzamt wollte die Verluste des Klägers einkom­men­steu­erlich nicht berücksichtigen, weil es ihn als bloßen Kapitalgeber ansah und bei den Einkünften aus Kapitalvermögen kein Abzug von Werbungskosten möglich sei.

Bundesfinanzhof hält Verlustabzug für Gewer­be­be­treibende zulässig

Dem ist der Bundesfinanzhof nicht gefolgt. Er hat vielmehr entschieden, dass die einkom­men­steu­er­rechtliche Qualifikation der Einkunftsart, der die verlorenen Aufwendungen zuzuordnen sind, nach der Sichtweise des Steuer­pflichtigen im Zeitpunkt des Abschlusses der maßgeblichen Verträge vorzunehmen sei. Die besseren objektiv-rückblickenden Erkenntnisse seien hingegen nicht maßgeblich. Aufgrund der Verträge über den Erwerb und den Betrieb der Block­heiz­kraftwerke habe der Kläger hier davon ausgehen dürfen, Gewer­be­trei­bender zu sein. Gewer­be­treibende dürfen Verluste auch dann - als vorweggenommene Betrie­bs­ausgaben - abziehen, wenn letztlich niemals Einnahmen erzielt werden.

Bei Investition als Steuer­stun­dungs­modell wäre Verlustabzug nicht möglich

Die Entscheidung des Bundes­fi­nanzhofs beschränkt sich auf das sogenannte "Verwal­tungs­ver­trags­modell" der X-Gruppe. Über das von dieser Gruppe ebenfalls angebotene "Verpach­tungs­modell" brauchte der Bundesfinanzhof in diesem Urteil hingegen nicht zu entscheiden. Gleichwohl wird sich das erstinstanzlich tätig gewesene Finanzgericht Münster nochmals mit dem Verfahren befassen müssen. Denn der Bundesfinanzhof hat es als möglich angesehen, dass die beabsichtigte Investition als Steuer­stun­dungs­modell (§ 15 b des Einkom­men­steu­er­ge­setzes) anzusehen ist. In diesem Fall wäre ein Abzug der Verluste nicht zulässig. Ob es sich tatsächlich um ein Steuer­stun­dungs­modell handelt, wird in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden sein.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online

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