15.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil16.06.2020

Keine Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Einkommen­steuer­erklärung bei wirtschaft­licher UnzumutbarkeitBundesfinanzhof zur elektronischen Erklä­rungs­abgabe bei Klein­st­un­ter­nehmen

Die Abgabe der Einkommen­steuer­erklärung durch Datenfern­übertragung ist wirtschaftlich unzumutbar, wenn der finanzielle Aufwand für die Einrichtung und Aufrecht­er­haltung einer Datenfern­übertra­gungs­mög­lichkeit in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Einkünften steht, die die Pflicht zur elektronischen Erklä­rungs­abgabe auslösen. Das hat der VIII. Senat des Bundes­fi­nanzhofs (BFH) mit Urteil vom 16.06.2020 entschieden.

Der Kläger war seit 2006 selbständiger Physiotherapeut. Mitarbeiter und Praxis-/ Büroräume hatte er nicht, ebenso wenig einen Internetzugang. Bis einschließlich 2016 veranlagte das Finanzamt (FA) den Kläger auf der Grundlage der handschriftlich ausgefüllten amtlichen Erklä­rungs­vor­drucke zur Einkommensteuer. Für das Streitjahr 2017 forderte es den Kläger mehrfach erfolglos zur elektronischen Übermittlung der Einkom­men­steu­e­r­er­klärung auf und setzte daraufhin ein Zwangsgeld gegen den Kläger fest. Den Antrag des Klägers, von der Verpflichtung zur elektronischen Erklä­rungs­abgabe befreit zu werden, lehnte das FA ab.

FG gab Klage statt

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verpflichtete das FA, auf die elektronische Erklä­rungs­abgabe zu verzichten, und hob die Festsetzung des Zwangsgeldes auf.

BFH: Elektronische Daten­über­mittlung für Kläger wirtschaftlich unzumutbar

Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG und wies die Revision des FA zurück. Gemäß § 150 Abs. 8 Satz 1 AO i.V.m. § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG muss die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorge­schriebenem Datensatz durch Daten­fer­n­über­tragung verzichten, wenn eine solche Erklä­rungs­abgabe für den Steuer­pflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt insbesondere vor, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Daten­fer­n­über­tragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre.

Privilegierung von Klein­st­un­ter­nehmen

Ob ein nicht unerheblicher finanzieller Aufwand anzunehmen ist, kann nur unter Berück­sich­tigung der betrieblichen Einkünfte des Steuer­pflichtigen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 EStG entschieden werden. Denn die Härte­fa­ll­re­gelung soll Kleinstbetriebe privilegieren. Da der Kläger im Streitjahr nur 14.534 € aus seiner selbständigen Arbeit erzielt hatte, ging der BFH von einer einem Kleinstbetrieb vergleichbaren Situation aus. Die elektronische Erklä­rungs­abgabe konnte daher nicht rechtmäßig angeordnet werden und so auch das Zwangsgeld zu ihrer Durchsetzung keinen Bestand haben.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/aw)

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