23.11.2024
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Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.

Dokument-Nr. 4836

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Bundesfinanzhof Urteil05.06.2007

Bundesfinanzhof zur Haftung des GmbH-Geschäftsführer für nicht abgeführte Lohnsteuer bei Insolvenz

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein für nicht abgeführte Lohnsteuer vom Finanzamt in Anspruch genommener GmbH-Geschäftsführer sich nicht darauf berufen kann, dass der Insol­venz­ver­walter die Lohnsteuer nach Anfechtung der Zahlung wieder vom Finanzamt zurückgefordert hätte.

Zu den steuer­recht­lichen Pflichten eines GmbH-Geschäfts­führers gehört auch die fristgerechte Entrichtung der von der GmbH geschuldeten Steuern. Unterlässt es der Geschäftsführer, die vom Lohn der Arbeitnehmer der GmbH einzubehaltende Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen, kann ihn das Finanzamt bei zumindest grob fahrlässiger Verletzung dieser Pflicht selbst auf Zahlung in Anspruch nehmen (als sog. Haftungs­schuldner). Diese Grundsätze gelten auch in der Insolvenz der GmbH. Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass der Insol­venz­ver­walter gläubi­ger­be­güns­tigende Rechts­hand­lungen – zu denen auch die Zahlung von Steuern gehört - anfechten kann, wenn diese Handlungen in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens vorgenommen worden sind. Sofern in diesem Zeitraum Lohnsteuern tatsächlich an das Finanzamt abgeführt worden sind, kann der Insol­venz­ver­walter also unter bestimmten Voraussetzungen die gezahlten Beträge vom Finanzamt zurückzufordern.

Der Bundesfinanzhof hatte jetzt darüber zu befinden, ob ein GmbH-Geschäftsführer, der schuldhaft Lohnsteuern nicht entrichtet hat, eine Beschränkung seiner steuerlichen Haftung für den durch die Pflicht­ver­letzung verursachten Schaden mit dem Einwand erreichen kann, dass etwaige Zahlungen vom Insol­venz­ver­walter ohnehin hätten angefochten werden können. Diesen Einwand weist das Gericht zurück. Denn im Rahmen einer haftungs­recht­lichen Inanspruchnahme seien hypothetische Kausalverläufe unbeachtlich. Durch eine nur gedachte insol­venz­rechtliche Anfechtung etwaiger Steuerzahlungen könne die vom Haftungs­schuldner zu vertretene Ursache für den eingetretenen Steuerausfall nicht rückwirkend beseitigt werden. Auch der Schutzzweck der Haftungsnorm (§ 69 AO) sowie Prakti­ka­bi­li­täts­er­wä­gungen sprächen dafür, hypothetische Kausalverläufe im Rahmen der Schadens­zu­rechnung unberück­sichtigt zu lassen.

Hat der Geschäftsführer die Lohnsteuer hingegen ordnungsgemäß an das Finanzamt abgeführt, muss der Insol­venz­ver­walter darüber befinden, ob er die innerhalb des genannten Dreimo­nats­zeitraums geleisteten Steuerzahlungen mit Erfolg anfechten und dadurch die gezahlten Beträge zur Insolvenzmasse ziehen kann. Das Finanzamt wird dabei stets ein sicherer Schuldner sein. Über Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Insol­ven­zan­fechtung entscheiden allerdings nicht die Finanz-, sondern die Zivilgerichte, in letzter Instanz also der Bundes­ge­richtshof.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 80/07 des BFH vom 12.09.2007

der Leitsatz

1. Werden fällig gewordene Steuerbeträge pflichtwidrig nicht an das FA abgeführt, kann die Kausalität dieser Pflicht­ver­letzung für einen dadurch beim Fiskus entstandenen Vermö­gens­schaden nicht durch nachträglich eingetretene Umstände oder durch die Annahme eines hypothetischen Kausalverlaufs beseitigt werden.

2. Die Frage, ob ein hypothetischer Kausalverlauf bei der haftungs­recht­lichen Inanspruchnahme Berück­sich­tigung finden kann, ist im Rahmen der Schadens­zu­rechnung unter Berück­sich­tigung des Schutzzwecks von § 69 AO zu beantworten.

3. Die Funktion und der Schutzzweck des in § 69 AO normierten Haftung­s­tat­be­standes schließen die Berück­sich­tigung hypothetischer Kausalverläufe aus. Deshalb entfällt die Haftung eines GmbH-Geschäfts­führers nicht dadurch, dass der Steuerausfall unter Annahme einer hypothetischen, auf § 130 Abs. 1 InsO gestützten Anfechtung gedachter Steuerzahlungen durch den Insol­venz­ver­walter ebenfalls entstanden wäre.

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