21.11.2024
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Urteil19.04.2007BundesfinanzhofV R 48/04
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Bundesfinanzhof Urteil19.04.2007

BFH zum Vorsteuerabzug aus Lieferungen in einem sog. Umsatz­steu­er­ka­russell

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zu Lieferungen in einem sog. Umsatz­steu­er­ka­russell entschieden. Gegenstand der Lieferungen waren Mobiltelefone.

Bei einem Umsatz­steu­er­ka­russell wird - vereinfachend dargestellt - Handelsware nach einem Gesamtplan unter Einbeziehung von mehreren Firmen - z.T. in anderen Mitgliedstaaten der EU - in einer Lieferkette verkauft, wobei planmäßig ein Unternehmer in der Kette zwar die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend macht, seine Umsätze aber nicht anmeldet und verschwindet, bevor diese festgesetzt wird. Die Beteiligten profitieren bei jedem Warendurchlauf durch einen EU-Mitgliedstaat von der Hinterziehung der dortigen Umsatzsteuer. Zweifelhaft war, ob auch einem Unternehmer, der unwissentlich in eine Lieferkette einbezogen worden ist, der Vorsteuerabzug aus den betrugs­be­hafteten Lieferungen versagt werden darf.

Im Anschluss an zwei Urteile des EuGH hat der BFH nun entschieden, dass Wirtschafts­teil­nehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünf­ti­gerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug - sei es eine Mehrwert­steu­er­hin­ter­ziehung oder ein sonstiger Betrug - einbezogen sind, auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen können, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren.

Im Streitfall hatte der betroffene Unternehmer nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zwar nicht (positiv) gewusst, dass er in einen Umsatz­steu­er­betrug durch seine Lieferanten und Abnehmer eingebunden war. Das FG hatte aber nicht die nach der inzwischen ergangenen EuGH-Rechtsprechung entscheidende Frage geprüft, ob er von der Betrugs­ge­staltung wissen konnte (wofür einiges sprach). Die Sache wurde deshalb durch den BFH dem FG zur entsprechenden Prüfung zurückgegeben.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 68 des BFH vom 22.08.2007

der Leitsatz

1. Wird nach erfolglosem Untätig­keitsein­spruch eine Untätig­keitsklage erhoben und ergeht daraufhin ein Steuerbescheid, der dem Antrag des Steuer­pflichtigen ganz oder teilweise nicht entspricht, kann die Untätig­keitsklage als Anfech­tungsklage fortgeführt werden.

2. Ein Unternehmer, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünf­ti­gerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug - sei es eine Mehrwert­steu­er­hin­ter­ziehung oder ein sonstiger Betrug - einbezogen sind, kann auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen, ohne Gefahr zu laufen, sein Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren.

3. Der Umstand, dass eine Lieferung an einen Steuer­pflichtigen vorgenommen wird, der weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in einen vom Verkäufer begangenen Betrug einbezogen war, steht dem Vorsteuerabzug nicht entgegen.

4. Ob ein Steuer­pflichtiger wissen konnte oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwert­steu­er­hin­ter­ziehung einbezogen war, ist im Wesentlichen tatsächliche Würdigung, die dem FG obliegt. Nach den maßgebenden Beweisregeln trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststel­lungslast für die Erfüllung der Anspruchs­vor­aus­set­zungen. Das gilt grundsätzlich auch für das Wissen oder Wissenkönnen vom Tatplan eines Vor- oder Nachlieferanten.

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