15.11.2024
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Dokument-Nr. 3391

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Urteil18.10.2006BundesfinanzhofIX R 5/06, 27/06, IX R 32/06
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Bundesfinanzhof Urteil18.10.2006

Keine Rückwirkung der Anschaf­fungs­fiktion bei Speku­la­ti­o­ns­ein­künften

Der Bundesfinanzhof hat in mehreren Verfahren entschieden, dass § 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) in der Fassung des Steue­r­ent­las­tungs­ge­setzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) nicht auf Entnahmen vor dem 1. Januar 1999 anzuwenden sind und hat damit die entge­gen­ge­setzte Auffassung des Bundes­mi­nis­teriums der Finanzen im Schreiben vom 5. Oktober 2000 (BStBl I 2000, 1383) zurückgewiesen.

Im ersten Streitfall (IX R 5/06) erhielt ein Steuer­pflichtiger im Jahr 1993 von seinen Eltern im Wege der vorweg­ge­nommenen Erbfolge ein Grundstück unentgeltlich übertragen, das bis dahin Betrie­bs­vermögen gewesen war und vom Steuer­pflichtigen im Privatvermögen gehalten wurde. Im Jahr 2001 veräußerte er das Grundstück. Das Finanzamt erfasste den daraus erzielten Gewinn, weil die Entnahme auch dann als Anschaffung gelte, wenn das Grundstück vor dem 1. Januar 1999 in das Privatvermögen überführt worden sei.

Der Bundesfinanzhof wendet demgegenüber § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht auf Entnahmen vor dem 1. Januar 1999 an. Nach dieser Vorschrift gilt die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch Entnahme als Anschaffung, die --wenn sie durch den Rechtsvorgänger vorgenommen wurde-- bei unentgeltlichem Erwerb gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG dem Einzel­rechts­nach­folger zuzurechnen ist. Diese Fiktion ist nach § 52 Abs. 1 EStG erstmals für den Veran­la­gungs­zeitraum 1999 anzuwenden. Wie für die Tatbe­stands­ver­wirk­lichung ist auch für die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 1 EStG nicht nur das Merkmal der Veräußerung, sondern auch das der Anschaffung maßgebend. Abweichende Anwen­dungs­re­ge­lungen trifft das Gesetz in § 52 Abs. 39 EStG lediglich für § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG. Dass in der Vergangenheit (hier im Jahr 1993) nicht eingetretene Rechtsfolgen einer Entnahme aufgrund der Fiktion nachträglich als eingetreten gelten sollen und die Norm deshalb in einer belastenden, verfas­sungs­rechtlich problematischen Weise zurückwirken soll, kann der Bundesfinanzhof dem Gesetz nicht entnehmen. Er ist deshalb --in zwei anderen Verfahren (IX R 27/06 und IX R 32/06)-- Anträgen der Finanzbehörden nicht gefolgt, die Verfahren bis zur Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts (2 BvL 2/04 - betreffend rückwirkende Verlängerung der Speku­la­ti­o­nsfrist) auszusetzen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 65/06 des BFH vom 22.11.2006

der Leitsatz

EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3

§ 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/ 2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) sind auf Entnahmen vor dem 1. Januar 1999 nicht anzuwenden (gegen BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000, BStBl I 2000, 1383, Tz. 1).

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