21.11.2024
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Dokument-Nr. 3451

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Urteil28.06.2006BundesfinanzhofI R 97/05
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Bundesfinanzhof Urteil28.06.2006

"Rückla­gen­ma­na­gement" zur "Mobilisierung" von Körper­schaft­steu­er­guthaben nicht rechts­miss­bräuchlich

Durch die Steuerreform 2001 wurde mit (im Grundsatz) erstmaliger Wirkung vom Veran­la­gungs­zeitraum 2001 das System der Besteuerung von Kapital­ge­sell­schaften grundlegend umgestellt. An die Stelle des sog. Anrech­nungs­ver­fahrens trat eine Endbesteuerung beim Anteilseigner nach dem sog. Halbein­künf­te­ver­fahren. Um das Körper­schaft­steu­er­guthaben aus dem bisherigen Besteu­e­rungs­ver­fahren möglichst bald einziehen zu können, mussten kurzfristig Ausschüttungen vorgenommen werden. Reichten Gewinn oder Eigenkapital nicht für eine Ausschüttung aus, wurde zur "Mobilisierung" von Körper­schaft­steu­er­guthaben empfohlen, über eine Gesell­schaf­te­r­einlage handels­rechtlich einen Gewinnausweis zu veranlassen (sog. Leg-ein-Hol-zurück). Um die Liquidität der Gesellschafter zu schonen, wurde diese Maßnahme durch ein Gestal­tungs­modell verfeinert, das in der breiten Öffentlichkeit als "Rückla­gen­ma­na­gement" bekannt geworden ist.

Über ein solches Modell hatte der Bundesfinanzhof zu entscheiden. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass kein Gestal­tungs­miss­brauch vorliege. Das Steuergesetz werde durch den gewählten Gestaltungsweg nicht in missbräuch­licher Weise umgangen; es werde lediglich genutzt, um einem andernfalls drohenden Verlust der Körper­schaft­steu­er­guthaben entge­gen­zu­wirken. Der Senat erinnerte ausdrücklich daran, dass er die gesetzlichen Überg­angs­vor­schriften vom Anrechnungs- zum Halbein­künf­te­ver­fahren in seinem Urteil vom 31. Mai 2005 - I R 107/04 - nur mit Blick auf solche Gestal­tungs­mög­lich­keiten für verfas­sungsmäßig gehalten habe.

Das zu Beurteilung stehende Modell war folgendermaßen gestaltet: Mit der Klägerin wurde eigens eine Kapital­ge­sell­schaft gegründet, die in einem ersten Schritt mit einer Bank die Vermittlung neu auszugebender Beteiligungen an Kapital­ge­sell­schaften vereinbarte. Diese Vereinbarung sicherte der Bank eine Provision (von 16 % der Zeich­nungs­beträge) und der Gesellschaft die Finanzierung der Betei­li­gungskäufe. Sodann erwarb die Kapital­ge­sell­schaft in einem zweiten Schritt Beteiligungen an Kapital­ge­sell­schaften mit hohen Gewinnrücklagen. Dem Erwerb ging jeweils eine Kapitalerhöhung bei den Betei­li­gungs­ge­sell­schaften und damit verbunden die Schaffung eines Vorzugs­ge­schäfts­anteils voraus, der zwischen ,0001 % und ,29 % des Stammkapitals ausmachte. Für diese Vorzugs­ge­schäfts­anteile zahlte der Erwerber einen deutlich über den Nominalwert liegenden Ausgabepreis (für die erworbenen Stammeinlagen von insgesamt nominal rund 36 000 DM betrug der Zeichnungspreis rund 1,075 Mio. DM). Die Vorzugs­ge­schäfts­anteile verschafften satzungsgemäß einen Anspruch auf eine "disquotale" oder "inkongruente" Vorzugs­di­vidende in Höhe von jeweils 93,3 % des Ausgabepreises sowie den Anspruch auf das Körper­schaft­steu­er­guthaben. Zur Sicherung der Ausschüttung gewährten die erworbenen Anteile bis zum zeitnahen Ausschüt­tungs­be­schluss die Stimm­rechts­mehrheit für alle Gesell­schaf­ter­be­schlüsse. Anschließend vermittelten die Anteile nur noch Stimm- und Gewinn­be­zugs­rechte entsprechend der Betei­li­gungsquote. Zugleich wurden in einem dritten Schritt auf die erworbenen Anteile von der beteiligten Gesellschaft Teilwert­ab­schrei­bungen vorgenommen. Das Finanzamt hatte die Gestaltung nicht anerkannt und sie statt dessen in Darle­hens­ver­hältnisse umgedeutet.

Nach gegenwärtiger Rechtslage kommt dem Gestal­tungs­modell keine Bedeutung mehr zu. Die Entnahme aus dem Körper­schaft­steu­er­guthaben ist hiernach für Gewin­n­aus­schüt­tungen, die nach dem 31. Dezember 2005 erfolgen, auf einen Höchstbetrag beschränkt. In der Zeit vom 11. April 2003 bis zum 31. Dezember 2005 war die Auszahlung aus dem Guthaben gänzlich ausgeschlossen (sog. Körper­schaft­steuer-Moratorium).

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 54/06 des BFH vom 11.10.2006

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