21.11.2024
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Dokument-Nr. 3317

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Bundesfinanzhof Urteil09.08.2006

Pauschale "Schachtelstrafe" auf Gewinne aus Auslands­be­tei­li­gungen nicht mit EU-Recht vereinbarUnter­schiedliche Behandlung zur Inlands­be­tei­ligung verstößt gegen Diskri­mi­nie­rungs­verbot

Beteiligt sich eine Kapital­ge­sell­schaft an einer anderen Kapital­ge­sell­schaft, dann bleiben seit dem körper­schaft­steu­er­lichen Systemwechsel, im Grundsatz also vom Jahre 2002 an, sowohl die laufenden Dividenden als auch Gewinne aus der Veräußerung der Beteiligung nach § 8 b des Körper­schaft­steu­er­ge­setzes (KStG) im Grundsatz steuerfrei. Lediglich 5 % dieser Gewinne werden vom Gesetz pauschal als nichtab­ziehbarer Betei­li­gungs­aufwand behandelt und sind damit im Ergebnis steuerpflichtig. Diese Einschränkung war allerdings verschiedenen gesetzlichen Änderungen unterworfen und galt bis 2003 nur für Beteiligungen an ausländischen Kapital­ge­sell­schaften, ansonsten nicht.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die unter­schiedliche Behandlung inländischer und ausländischer Beteiligungen nicht im Einklang mit den gemein­schafts­recht­lichen Diskri­mi­nie­rungs­verboten steht: Er erkennt darin sowohl einen Verstoß gegen die Niederlassungs- als auch die Kapita­l­ver­kehrs­freiheit. Abweichend von der Nieder­las­sungs­freiheit erstrecke sich die Kapita­l­ver­kehrs­freiheit prinzipiell auch auf Beziehungen zu solchen Staaten, die keine Mitgliedstaaten der EU sind. Im konkreten Fall betrifft dies die Direkt­be­tei­ligung an einer Kapital­ge­sell­schaft in Südafrika.

Zugleich hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass dies alles auch dann gilt, wenn die Beteiligung über eine zwischen­ge­schaltete Perso­nen­ge­sell­schaft gehalten wird. Er widerspricht damit der Finanz­ver­waltung, die für die Gewerbesteuer in der Vergangenheit – bis zum Erhebungs­zeitraum 2003 - eine andere Auffassung vertritt.

Nach gegenwärtiger Rechtslage kommt beiden Streitfragen keine unmittelbare Bedeutung mehr zu: Dass § 8 b KStG auch bei Zwischen­schaltung einer Perso­nen­ge­sell­schaft nicht nur für die Körper­schaft­steuer, sondern ebenso für die Gewerbesteuer gilt, steht jetzt ausdrücklich im Gesetz. Und die "Schachtelstrafe" von 5 % bezieht sich zwischen­zeitlich sowohl auf Inlands- als auch auf Auslands­be­tei­li­gungen. Allerdings gibt das Gericht zu bedenken, ob sie dann anzuwenden ist, wenn der Kapital­ge­sell­schaft durch die Beteiligung tatsächlich – wie im Urteil - überhaupt keine Aufwendungen entstehen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 60/06 des BFH vom 08.11.2006

der Leitsatz

GewStG 2002 a.F. § 2 Abs. 1 Satz 2, § 5 Abs. 1 Satz 3, § 7 Satz 1, § 9 Nr. 7 Satz 1

KStG 2002 a.F. § 8 Abs. 1 Satz 1, § 8 b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 5, Abs. 6 Satz 1

EG Art. 43, Art. 48, Art. 56, Art. 58

1. Beteiligt sich eine Körperschaft über eine Perso­nen­ge­sell­schaft (Mitun­ter­neh­mer­schaft) an einer anderen Körperschaft, bleiben Gewinnanteile (Dividenden) aus dieser Beteiligung sowie Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an der Körperschaft nach § 8 b Abs. 1 und 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 KStG 2002 a.F. bei der Ermittlung des Gewerbeertrages der zwischen­ge­schalteten Perso­nen­ge­sell­schaft (Mitun­ter­neh­mer­schaft) gemäß § 7 Satz 1 GewStG 2002 a.F. außer Ansatz (Abweichung vom BMF-Schreiben vom 28. April 2003, BStBl I 2003, 292, Tz. 57 f.).

2. § 8 b Abs. 5 KStG 2002 i.d.F. bis zur Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Proto­kol­l­er­klärung der Bundesregierung zur Vermitt­lungs­emp­fehlung zum Steuer­ver­güns­ti­gungs­ab­bau­gesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2840, BStBl I 2004, 14) verstößt sowohl gegen die gemein­schafts­rechtliche Grundfreiheit der freien Wahl der Niederlassung nach Art. 43 und 48 EG als auch gegen die Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs nach Art. 56 und 58 EG (Anschluss an EuGH-Urteile vom 18. September 2003 Rs. C-168/01 "Bosal", EuGHE I 2003, 9409, und vom 23. Februar 2006 Rs. C-471/04 "Keller Holding", ABlEU 2006, Nr. C 131, 20).

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