Dokument-Nr. 5739
Permalink https://urteile.news/
Bundesfinanzhof Beschluss17.12.2007
Bundesfinanzhof schafft Vererblichkeit des Verlustvortrages abEinkommensteuer ist eine Personensteuer
Der Erbe kann einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustvortrag nach § 10 d des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Zukunft nicht mehr zur Minderung seiner eigenen Einkommensteuer geltend machen. Das hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs entschieden. Er ist damit von einer rund 45 Jahre währenden höchstrichterlichen Rechtsprechung und entsprechenden Praxis der Finanzverwaltung abgerückt. Aus Gründen des Vertrauensschutzes ist die neue, für die Steuerbürger ungünstigere Rechtsprechung allerdings erst in solchen Erbfällen anzuwenden, die nach Veröffentlichung dieses Beschlusses eintreten werden.
Hintergrund dieser Entscheidung ist ein Rechtsstreit, in dem ein Landwirt und Hoferbe im Rahmen seiner Veranlagung zur Einkommensteuer den Abzug des von seinem verstorbenen Vater nicht ausgenutzten Verlustvortrags begehrt. Der mit der Sache befasste XI. Senat des Bundesfinanzhofs hatte im Vorlagebeschluss vom 28. Juli 2004 (XI R 54/99) die Auffassung vertreten, dass der Verlustabzug nach § 10 d EStG entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht vererblich sei.
Dem hat sich der Große Senat im Grundsatz angeschlossen. Der Übergang des vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustvortrags auf den Erben könne weder auf zivilrechtliche noch auf steuerrechtliche Vorschriften und Prinzipien gestützt werden. Die Einkommensteuer sei eine Personensteuer. Sie erfasse die im Einkommen zu Tage tretende Leistungsfähigkeit der einzelnen natürlichen Personen und werde daher vom Grundsatz der Individualbesteuerung und vom Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit beherrscht. Hiermit sei es unvereinbar, die beim Erblasser nicht verbrauchten Verlustvorträge auf den Erben zu übertragen.
Allerdings hielt der Große Senat aufgrund des Rechtsstaatsprinzips eine vertrauenschützende Übergangsregelung für notwendig. Die neue Rechtsprechung, mit der sich die jahrzehntelang bestehende Rechtslage - vergleichbar einer Gesetzesänderung - faktisch ändere, sei daher erst mit Wirkung für die Zukunft anzuwenden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.03.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 29/08 des BFH vom 12.03.2008
der Leitsatz
EStG § 10d
GG Art. 20 Abs. 3
1. Der Erbe kann einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug nach § 10 d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen. Jedoch ist die bisherige gegenteilige Rechtsprechung des BFH aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin in allen Erbfällen anzuwenden, die bis zum Ablauf des Tages der Veröffentlichung dieses Beschlusses eingetreten sind.
2. Da der Große Senat des BFH die vorgelegte erste Rechtsfrage im Grundsatz verneint hat, erübrigt sich eine Stellungnahme zu der vom vorlegenden Senat nur hilfsweise gestellten zweiten Rechtsfrage.
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss5739
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.