18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 3691

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Urteil23.01.2007Bundesarbeitsgericht9 AZR 393/06
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht München, Urteil13.01.2006, 10 Sa 321/05
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil23.01.2007

Alters­teil­zeit­a­r­beits­vertrag - auch rückwirkende Begründung ist möglichBundes­a­r­beits­gericht entscheidet zur Altersteilzeit

Wenn ein Arbeitnehmer rechtzeitig vor Beginn der gewünschten Altersteilszeit einen entsprechenden Antrag gestellt und den der Arbeitgeber abgelehnt hat, so kann der Arbeitgeber im gerichtlichen Verfahren verurteilt werden, dem Antrag rückwirkend zuzustimmen. Das hat das Bundes­a­r­beits­gericht entschieden.

Das Alters­teil­zeit­gesetz selbst gewährt dem Arbeitnehmer keinen Anspruch auf den Abschluss eines Alters­teil­zeit­a­r­beits­ver­trages. Dort sind lediglich die Mindest­be­din­gungen geregelt, die ein Alters­teil­zeit­a­r­beits­ver­hältnis erfüllen muss, damit die staatlichen Förder­leis­tungen der Bundesagentur für Arbeit und die sozia­l­ver­si­che­rungs­recht­lichen Vergünstigungen (zB vorzeitige Rente nach Altersteilzeit) in Anspruch genommen werden können.

Ein vertraglicher Anspruch kann sich aus einem für das Arbeits­ver­hältnis geltenden Tarifvertrag ergeben. So begründet ua. der für den öffentlichen Dienst geschlossene „Tarifvertrag Altersteilzeit“ für Arbeitnehmer ab Vollendung ihres 60. Lebensjahres gegenüber dem Arbeitgeber einen derartigen Anspruch. Dieser bezieht sich auch auf die Dauer des Alters­teil­zeit­a­r­beits­ver­hält­nisses, welches durch den Zeitpunkt begrenzt wird, zu dem der Arbeitnehmer eine ungekürzte Rente aus der gesetzlichen Sozia­l­ver­si­cherung beanspruchen kann.

Der Arbeitgeber kann nur aus dringenden betrieblichen/dienstlichen Gründen ablehnen. Dass die üblicherweise mit einem Alters­teil­zeit­a­r­beits­vertrag verbundenen Aufwendungen des Arbeitgebers die eines normalen Teilzeit­a­r­beits­ver­hält­nisses übersteigen, rechtfertigt noch nicht die Annahme entge­gen­ste­hender dringender betrieblicher Gründe. Gleiches gilt zB für das betriebliche Interesse, den Anstieg von Personalkosten zugunsten von Investitionen zu begrenzen. Hat der Arbeitnehmer seinen Anspruch rechtzeitig vor dem gewünschten Beginn der Altersteilzeit geltend gemacht, so kann der Arbeitgeber verurteilt werden, dem Antrag auf Vertrags­ab­schluss auch rückwirkend zuzustimmen.

In dem vom Neunten Senat entschiedenen Rechtsstreit hatte der Arbeitgeber, ein Forschungs­in­stitut, den im Oktober 2003 gestellten Antrag, vom 1. Februar 2004 bis 30. September 2008 ein Alters­teil­zeit­a­r­beits­ver­hältnis im Blockmodell zu vereinbaren, abgelehnt. Er hatte ua. geltend gemacht, der Tarifvertrag begründe lediglich einen Rechtsanspruch auf einen auf zwei Jahre befristeten Alters­teil­zeit­a­r­beits­vertrag. Im Übrigen wolle er die Ausgaben für Infrastruktur und Verwaltung „einfrieren“, um in anderen Bereichen mehr investieren zu können. Der Mehraufwand für den Alters­teil­zeit­wunsch des Klägers sei angesichts dieses Sparvorhabens nicht tragbar.

Hinweis:

Dem ebenfalls am 23. Januar 2007 entschiedenen Rechtsstreit - 9 AZR 624/06 - lagen vergleichbare Rechtsfragen vor; sie betrafen die Arbeits­ver­trags­richt­linien der Evangelischen Kirchen in Niedersachsen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 3/07 des BAG vom 23.01.2007

der Leitsatz

1. Nach § 2 Abs. 2 TV ATZ (juris AltTZTV) haben Arbeitnehmer ab Vollendung ihres 60. Lebensjahres Anspruch auf Abschluss eines Alters­teil­zeit­a­r­beits­vertrags. Der Anspruch ist auf die ungekürzte Laufdauer des Alters­teil­zeit­a­r­beits­ver­hält­nisses bis zum Übergang in den Ruhestand nach § 9 TV ATZ gerichtet.

2. § 2 Abs. 4 Satz 1 TV ATZ räumt dem Arbeitgeber keine Befugnis ein, die Dauer eines Alters­teil­zeit­a­r­beits­ver­hält­nisses auf zwei Jahre zu begrenzen.

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