21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 7169

Drucken
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil18.12.2008

BAG zur gesetzlichen Überleitung eines Arbeits­ver­hält­nisses auf einen neuen Arbeitgeber

Durch Landesgesetze können die Rechtsträger des öffentlichen Dienstes umstrukturiert werden. Solche Gesetze können grundsätzlich auch vorsehen, dass die Arbeits­ver­hältnisse der in den umstruk­tu­rierten Bereichen Beschäftigten auf einen neuen Rechtsträger übergeleitet werden, ohne dass den Arbeitnehmern ein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeits­ver­hält­nisses eingeräumt wird. Ein solches Wider­spruchsrecht ergibt sich nicht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, da es sich bei Umstruk­tu­rie­rungen kraft Gesetzes nicht um einen rechts­ge­schäft­lichen Betrie­bs­übergang handelt. Auch das Europäische Gemein­schaftsrecht sieht ein solches Wider­spruchsrecht nicht vor. Jedoch ist die freie Wahl des Arbeitgebers durch das Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 GG geschützt. Ein Gesetz, durch das der Arbeitgeber ausgewechselt wird, greift in dieses Grundrecht ein. Dieser Eingriff ist verfas­sungsgemäß, soweit er durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und verhältnismäßig ist.

Der Kläger war als Arbeitnehmer des beklagten Landes an einer Univer­si­täts­klinik mit nicht wissen­schaft­lichen Tätigkeiten beschäftigt. Zum 1. Juli 2005 trat ein Landesgesetz in Kraft, durch das diese Klinik mit einer zweiten Univer­si­täts­klinik in einer neuen Anstalt des öffentlichen Rechts zusammengelegt wurde. Kraft Gesetzes wurden die Arbeits­ver­hältnisse der nicht wissen­schaftlich Tätigen auf die neue Anstalt übergeleitet. Dem hat der Kläger widersprochen.

Das Gesetz hatte die Privatisierung des Klinikbetriebs zur Zielsetzung, die mit weiteren Maßnahmen später durchgeführt wurde. Mit der Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass wegen seines Widerspruches sein Arbeits­ver­hältnis weiterhin zum beklagten Land besteht. Das Landes­a­r­beits­gericht hat die Klage abgewiesen, die Revision des Klägers blieb vor dem Achten Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts ohne Erfolg. Das Landesparlament war zur Gesetzgebung befugt, da der Bundes­ge­setzgeber nur rechts­ge­schäftliche Betrie­bs­übergänge und zivilrechtliche Umwandlungen geregelt hat. Aus dem Bundesrecht ergibt sich ein Wider­spruchsrecht des Klägers ebenso wenig wie aus der europäischen Betrie­bs­übergangs-Richtlinie. Der Eingriff des Landes­ge­setz­gebers in die grundrechtlich geschützte Berufs­aus­übungs­freiheit des Klägers ist gerechtfertigt. Die Umstruk­tu­rierung und die Privatisierung des Klinikum-Betriebs dienen der im öffentlichen Interesse liegenden Erhaltung beider Kliniken und der Weiterführung der wissen­schaft­lichen Forschung und Lehre an beiden Standorten. Der Eingriff war verhältnismäßig und außerdem von einer Reihe weiterer Maßnahmen wie einer mehrjährigen Beschäf­ti­gungs­si­cherung begleitet. Der Landes­ge­setzgeber hat von seiner Gestal­tungs­freiheit nicht in verfas­sungs­widriger Weise Gebrauch gemacht.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 101/08 des BAG vom 18.12.2008

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil7169

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI