18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 29742

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Bundesarbeitsgericht Urteil21.01.2021

Entgelt­gleichheits­klage: Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts

Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit , begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergleich­s­entgelt (Median-Entgelt) der männlichen Vergleichs­person, regelmäßig die - vom Arbeitgeber widerlegbare - Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist.

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Abtei­lungs­leiterin beschäftigt. Sie erhielt im August 2018 von der Beklagten eine Auskunft nach §§ 10 ff. EntgTranspG, aus der u.a. das Vergleichsentgelt der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abtei­lungs­leiter hervorgeht. Angegeben wurde dieses entsprechend den Vorgaben von § 11 Abs. 3 EntgTranspG als "auf Vollzei­t­ä­qui­valente hochgerechneter statistischer Median" des durch­schnitt­lichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie der übertariflichen Zulage (Median-Entgelte). Das Vergleich­s­entgelt liegt sowohl beim Grundentgelt als auch bei der Zulage über dem Entgelt der Klägerin. Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte - soweit für das Revisi­ons­ver­fahren von Interesse - auf Zahlung der Differenz zwischen dem ihr gezahlten Grundentgelt sowie der ihr gezahlten Zulage und der ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelte für die Monate August 2018 bis Januar 2019 in Anspruch genommen.

LAG: Keine ausreichenden Indizien für Vermutung der Benachteiligung

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landes­a­r­beits­gericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, es lägen schon keine ausreichenden Indizien iSv. § 22 AGG vor, die die

Vermutung begründeten, dass die Klägerin die Entgelt­be­nach­tei­ligung wegen des Geschlechts er-fahren habe.

BAG bejaht unmittelbare Benachteiligung

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Mit der vom Landes­a­r­beits­gericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden. Aus der von der Beklagten erteilten Auskunft ergibt sich das Vergleich­s­entgelt der maßgeblichen männlichen Vergleichsperson. Nach den Vorgaben des EntgTranspG liegt in der Angabe des Vergleich­s­entgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichs­person, weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit erhält. Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mitgeteilten männlichen Vergleichs­person eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG erfahren, denn ihr Entgelt war geringer als das der Vergleichs­person gezahlte.

Entgegen der Annahme des Landes­a­r­beits­ge­richts begründet dieser Umstand zugleich die von der Beklagten widerlegbare - Vermutung, dass die Klägerin die Entgelt­be­nach­tei­ligung "wegen des Geschlechts" erfahren hat. Aufgrund der bislang vom Landes­a­r­beits­gericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, diese Vermutung den Vorgaben von § 22 AGG in unions­rechts­kon­former Auslegung entsprechend widerlegt hat. Zugleich ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurück­ver­weisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landes­a­r­beits­gericht.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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