03.12.2024
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Dokument-Nr. 29195

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Bundesarbeitsgericht Urteil25.06.2020

Freie Mitarbeiter fallen unter das Entgelt­transparenz­gesetzBAG zum Auskunfts­an­spruch nach dem Entgelt­transparenz­gesetz

Das Entgelt­transparenz­gesetz besagt in § 10 Absatz 1 Satz 1, dass "Beschäftigte" das Recht haben, Auskunft über die Entloh­nungsweise anderer Arbeitnehmer mit derselben Tätigkeit zu erhalten, um die Einhaltung des Entgelt­gleichheits­gebots überprüfen zu können. Die Begriffe "Arbeitnehmerin" und "Arbeitnehmer" schließen im Einzelfall auch arbeitnehmer­ähnliche Personen ein, die somit ebenfalls unter das Entgelt­transparenz­gesetz fallen.

Die Klägerin ist für die Beklagte - eine Fernsehanstalt des öffentlichen Rechts - seit 2007 als Redakteurin tätig. Zunächst kam sie als online-Redakteurin auf der Grundlage befristeter Verträge zum Einsatz. Seit Juli 2011 befindet sie sich in einem unbefristeten Vertrags­ver­hältnis, nach dem sie "bis auf weiteres" als freie Mitarbeiterin gemäß einem bei der Beklagten geltenden Tarifvertrag beschäftigt wird und eine Tätigkeit als "Redakteurin mit besonderer Verantwortung" ausübt. Aufgrund rechtskräftiger Entscheidung des Landes­a­r­beits­ge­richts steht fest, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin iSd. inner­staat­lichen Rechts ist. Mit Schreiben vom 1. August 2018 begehrte die Klägerin vom Personalrat Auskunft nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG. Dieser antwortete nach Rücksprache mit der Perso­na­l­ab­teilung der Beklagten, dass die Klägerin als freie Mitarbeiterin nicht unter das Entgelttransparenzgesetz falle und deshalb keinen Auskunftsanspruch habe.

LAG verneint Auskunfts­an­spruch

Das Landes­a­r­beits­gericht hat die gegen die Beklagte gerichteten Klageanträge auf Erteilung von Auskunft über 1. die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung und 2. über das Vergleichsentgelt abgewiesen. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin iSd. inner­staat­lichen Rechts und als arbeit­neh­mer­ähnliche Person nicht Beschäftigte iSd. § 5 Abs. 2 EntgTranspG sei, weshalb sie keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskünfte habe.

BAG bejaht Auskunfts­an­spruch nach dem Entgelt­trans­pa­renz­gesetz

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundes­a­r­beits­ge­richts Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG Auskunft über die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung verlangen, da sie als freie Mitarbeiterin der Beklagten "Arbeitnehmerin" iSv. § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG und damit Beschäftigte iSv. § 10 Abs. 1 Satz 1 EntgeltTranspG ist. Die Begriffe "Arbeitnehmerin" und "Arbeitnehmer" in § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG sind unions­rechts­konform in Übereinstimmung mit dem Arbeit­neh­mer­begriff der Richtlinie 2006/54/EG weit auszulegen, da es andernfalls an einer Umsetzung der Bestimmungen dieser Richtlinie zum Verbot der Diskriminierung beim Entgelt und zur entgelt­be­zogenen Gleich­be­handlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer bei gleicher oder als gleichwertig anerkannter Arbeit im deutschen Recht fehlen würde. Eine - zwingend erforderliche - ausreichende Umsetzung ist bislang weder im Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­gesetz (AGG) noch ansonsten erfolgt. Erst das Entgelt­trans­pa­renz­gesetz enthält Bestimmungen, die auf die Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2006/54/EG zur Entgelt­gleichheit gerichtet sind.

Keine Entscheidung über Anspruch auf Erteilung von Auskunft über das Vergleich­s­entgelt

Ob die Klägerin gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Erteilung von Auskunft über das Vergleich­s­entgelt hat, konnte der Senat aufgrund der bislang vom Landes­a­r­beits­gericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Insoweit hat der Senat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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