15.11.2024
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Dokument-Nr. 9541

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Urteil22.04.2010Bundesarbeitsgericht6 AZR 966/08
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil12.08.2008, 5 Sa 702/07
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil22.04.2010

BAG zur Neuberechnung des Vergleich­s­entgelts bei Allein­er­zie­henden nach Beendigung des Grundwehr- oder Zivildienstes des SohnesTarifliche Regelung darf allein­er­ziehende Angestellte gegenüber Allein­er­zie­henden ohne Wehrdienst­leis­tenden Kindern nicht benachteiligen

tarifliche Regelung des § 5 TVÜ-Länder benachteiligt allein­er­ziehende Angestellte, deren Söhne im für die Berechnung des Vergleich­s­entgelts maßgeblichen Monat Oktober 2006 der in Art. 12a GG geregelten allgemeinen staats­bür­ger­lichen Pflicht zum Wehr- oder Ersatzdienst nachkamen, gegenüber allein­er­zie­henden Elternteilen von Kindern, die nicht wehrtauglich waren oder tatsächlich nicht zum Wehrdienst bzw. Zivildienst herangezogen wurden. Deshalb muss für allein­er­ziehende Angestellte das Vergleich­s­entgelt für die Zeit ab Beendigung dieses Dienstes neu berechnet werden, wenn ohne den Grundwehr- oder Zivildienst im Oktober 2006 noch die tariflichen Voraussetzungen für den Ortszuschlag der Stufe 2 erfüllt gewesen wären. Dies entschied das Bundes­a­r­beits­gericht.

Im Vergü­tungs­system des BAT waren familienstands- und kinderbezogene Entgelt­be­standteile vorgesehen. Alleinerziehende erhielten sowohl den famili­en­stands­be­zogenen Ortszuschlag der Stufe 2 als auch den kinderbezogenen Ortszuschlag der Stufe 3, wenn sie ihr Kind in ihre Wohnung aufgenommen hatten, ihm Unterhalt gewährten und Kindergeld für dieses Kind bezogen. Leistete das Kind Grundwehr- oder Zivildienst, entfiel für diese Zeit der Anspruch auf solche Entgelt­be­standteile. Allein­er­ziehende Angestellte, deren Söhne im für die Überleitung in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) maßgeblichen Monat Oktober 2006 Grundwehr- oder Zivildienst leisteten, wurden darum gemäß § 5 Abs. 2 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) mit dem Ortszuschlag der Stufe 1 in das neue Vergü­tungs­system übergeleitet. Nach Beendigung des Grundwehr- oder Zivildienstes wurde bei Wiederaufleben des Kinder­geldan­spruchs zwar der kinderbezogene Entgelt­be­standteil von rund 90,00 Euro brutto als Besitz­stands­zulage gezahlt. Der famili­en­stands­be­zogene Vergü­tungs­be­standteil von rund 100,00 Euro brutto monatlich entfiel jedoch dauerhaft, weil § 5 TVÜ-Länder keine Neuberechnung des Vergleich­s­entgelts bei Änderungen, die nach dem bisherigen Tarifrecht zu einem höheren oder niedrigeren Ortszuschlag geführt hätten, vorsieht. Die damit verbundene Benachteiligung von allein­er­zie­henden Elternteilen von grundwehr- oder zivil­dienst­leis­tenden Söhnen verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Vater verlangt Neuberechnung des Vergleich­s­entgelts unter Berück­sich­tigung des Ortszuschlags der Stufe 2

Der Kläger ist als Angestellter beim beklagten Land beschäftigt. Er erzog seinen am 5. Januar 1987 geborenen Sohn allein, der vom 1. April bis zum 31. Dezember 2006 seinen Grundwehrdienst ableistete und danach ein Studium begann. Der Kläger begehrt die Neuberechnung des Vergleich­s­entgelts unter Berück­sich­tigung des Ortszuschlags der Stufe 2 mit Wirkung zum 1. Januar 2007 und die Zahlung der sich daraus ergebenden Entgelt­dif­ferenz.

Vergleich­s­entgelt für die Zeit ab Beendigung dieses Dienstes muss neu berechnet werden

Das Landes­a­r­beits­gericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Die tarifliche Regelung benachteiligt allein­er­ziehende Angestellte, deren Söhne im für die Berechnung des Vergleich­s­entgelts maßgeblichen Monat Oktober 2006 der in Art. 12a GG geregelten allgemeinen staats­bür­ger­lichen Pflicht zum Wehr- oder Ersatzdienst nachkamen, gegenüber allein­er­zie­henden Elternteilen von Töchtern sowie von Söhnen, die nicht wehrtauglich waren oder tatsächlich nicht zum Wehrdienst bzw. Zivildienst herangezogen wurden. Diese Benachteiligung ist sachlich nicht zu rechtfertigen. Deshalb muss für allein­er­ziehende Angestellte, deren Söhne im Oktober 2006 Grundwehr oder Zivildienst leisteten, das Vergleich­s­entgelt für die Zeit ab Beendigung dieses Dienstes neu berechnet werden, wenn ohne den Grundwehr- oder Zivildienst im Oktober 2006 noch die tariflichen Voraussetzungen für den Ortszuschlag der Stufe 2 erfüllt gewesen wären.

Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen, um diese Voraussetzung zu klären.

Quelle: ra-online, BAG

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