23.11.2024
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Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.

Dokument-Nr. 31810

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Bundesarbeitsgericht Urteil25.05.2022

Mindestlohn nicht gegen Insol­ven­zan­fechtung gesichertAusschluss der Anfechtbarkeit oder Vollstreckungs­schutz vom Gesetzgeber nicht vorgesehen

Bei Insolvenz des Arbeitgebers kann der Insol­venz­ver­walter nach Maßgabe der §§ 129 ff. InsO vom Arbeitnehmer das zu bestimmten Zeitpunkten ausbezahlte Arbeitsentgelt zu Gunsten der Insolvenzmasse zurückfordern. Dies dient der gemein­schaft­lichen Befriedigung der Insol­venz­gläubiger nach den insolvenz­rechtlichen Vertei­lungs­regeln. Der Rückgewähr-anspruch umfasst das gesamte Arbeitsentgelt einschließlich des gesetzlichen Mindestlohns. Der Gesetzgeber hat den Mindestlohn nicht anfechtungsfrei gestellt.

Die beklagte Arbeitnehmerin erhielt in den letzten beiden Monaten vor dem Insolvenzantrag - und damit in von § 131 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO erfassten Zeiträumen - unter Angabe des Verwen­dungs­zwecks für zwei Monate ihr Arbeitsentgelt von dem Konto der Mutter ihres damals bereits zahlungs­un­fähigen Arbeitgebers. Am 1. Dezember 2016 wurde das Insol­venz­ver­fahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet. Der auf Rückgewähr klagende Insolvenzverwalter hat die Zahlungen wegen sog. Inkongruenz angefochten. Nach Ansicht der Beklagten ist eine Anfechtung in Höhe des Existenz­mi­nimums bzw. in Höhe des Mindest-lohns unzulässig.

LAG: Mindestlohn kann nicht zurückgefordert werden

Das Landes­a­r­beits­gericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 131 InsO seien zwar erfüllt, der Mindestlohn könne aber nicht zurückgefordert werden. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Revision gewandt. Die Beklagte hat Anschluss­re­vision erhoben und die vollständige Abweisung der Klage verlangt.

Insol­venz­rechtliche Rückge­währan­spruch erfasst auch gesetzlichen Mindestlohn

Nur die Revision des Klägers hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landes­a­r­beits­ge­richts und der Beklagten ist die Klage in voller Höhe begründet. Eine grundsätzliche Einschränkung der Insolvenzanfechtung ist verfas­sungs­rechtlich nicht geboten. Der Schutz des Existenz­mi­nimums des Arbeitnehmers wird durch die Pfändungs­schutz­be­stim­mungen der Zivil­pro­zess­ordnung und das Sozialrecht gewährleistet. Der insol­venz­rechtliche Rückge­währan­spruch bezieht sich uneingeschränkt auch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Wurde dieser durch Zahlung erfüllt, enden die Rechtswirkungen des Mindest­lohn­ge­setzes. Einen Ausschluss der Anfechtbarkeit oder einen besonderen Vollstre­ckungs­schutz hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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