18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.

Dokument-Nr. 31810

Drucken
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil25.05.2022

Mindestlohn nicht gegen Insol­ven­zan­fechtung gesichertAusschluss der Anfechtbarkeit oder Vollstreckungs­schutz vom Gesetzgeber nicht vorgesehen

Bei Insolvenz des Arbeitgebers kann der Insol­venz­ver­walter nach Maßgabe der §§ 129 ff. InsO vom Arbeitnehmer das zu bestimmten Zeitpunkten ausbezahlte Arbeitsentgelt zu Gunsten der Insolvenzmasse zurückfordern. Dies dient der gemein­schaft­lichen Befriedigung der Insol­venz­gläubiger nach den insolvenz­rechtlichen Vertei­lungs­regeln. Der Rückgewähr-anspruch umfasst das gesamte Arbeitsentgelt einschließlich des gesetzlichen Mindestlohns. Der Gesetzgeber hat den Mindestlohn nicht anfechtungsfrei gestellt.

Die beklagte Arbeitnehmerin erhielt in den letzten beiden Monaten vor dem Insolvenzantrag - und damit in von § 131 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO erfassten Zeiträumen - unter Angabe des Verwen­dungs­zwecks für zwei Monate ihr Arbeitsentgelt von dem Konto der Mutter ihres damals bereits zahlungs­un­fähigen Arbeitgebers. Am 1. Dezember 2016 wurde das Insol­venz­ver­fahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet. Der auf Rückgewähr klagende Insolvenzverwalter hat die Zahlungen wegen sog. Inkongruenz angefochten. Nach Ansicht der Beklagten ist eine Anfechtung in Höhe des Existenz­mi­nimums bzw. in Höhe des Mindest-lohns unzulässig.

LAG: Mindestlohn kann nicht zurückgefordert werden

Das Landes­a­r­beits­gericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 131 InsO seien zwar erfüllt, der Mindestlohn könne aber nicht zurückgefordert werden. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Revision gewandt. Die Beklagte hat Anschluss­re­vision erhoben und die vollständige Abweisung der Klage verlangt.

Insol­venz­rechtliche Rückge­währan­spruch erfasst auch gesetzlichen Mindestlohn

Nur die Revision des Klägers hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landes­a­r­beits­ge­richts und der Beklagten ist die Klage in voller Höhe begründet. Eine grundsätzliche Einschränkung der Insolvenzanfechtung ist verfas­sungs­rechtlich nicht geboten. Der Schutz des Existenz­mi­nimums des Arbeitnehmers wird durch die Pfändungs­schutz­be­stim­mungen der Zivil­pro­zess­ordnung und das Sozialrecht gewährleistet. Der insol­venz­rechtliche Rückge­währan­spruch bezieht sich uneingeschränkt auch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Wurde dieser durch Zahlung erfüllt, enden die Rechtswirkungen des Mindest­lohn­ge­setzes. Einen Ausschluss der Anfechtbarkeit oder einen besonderen Vollstre­ckungs­schutz hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil31810

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI