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Bundesarbeitsgericht Urteil25.05.2022
Mindestlohn nicht gegen Insolvenzanfechtung gesichertAusschluss der Anfechtbarkeit oder Vollstreckungsschutz vom Gesetzgeber nicht vorgesehen
Bei Insolvenz des Arbeitgebers kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 129 ff. InsO vom Arbeitnehmer das zu bestimmten Zeitpunkten ausbezahlte Arbeitsentgelt zu Gunsten der Insolvenzmasse zurückfordern. Dies dient der gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger nach den insolvenzrechtlichen Verteilungsregeln. Der Rückgewähr-anspruch umfasst das gesamte Arbeitsentgelt einschließlich des gesetzlichen Mindestlohns. Der Gesetzgeber hat den Mindestlohn nicht anfechtungsfrei gestellt.
Die beklagte Arbeitnehmerin erhielt in den letzten beiden Monaten vor dem Insolvenzantrag - und damit in von § 131 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO erfassten Zeiträumen - unter Angabe des Verwendungszwecks für zwei Monate ihr Arbeitsentgelt von dem Konto der Mutter ihres damals bereits zahlungsunfähigen Arbeitgebers. Am 1. Dezember 2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet. Der auf Rückgewähr klagende Insolvenzverwalter hat die Zahlungen wegen sog. Inkongruenz angefochten. Nach Ansicht der Beklagten ist eine Anfechtung in Höhe des Existenzminimums bzw. in Höhe des Mindest-lohns unzulässig.
LAG: Mindestlohn kann nicht zurückgefordert werden
Das Landesarbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 131 InsO seien zwar erfüllt, der Mindestlohn könne aber nicht zurückgefordert werden. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner Revision gewandt. Die Beklagte hat Anschlussrevision erhoben und die vollständige Abweisung der Klage verlangt.
Insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch erfasst auch gesetzlichen Mindestlohn
Nur die Revision des Klägers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten ist die Klage in voller Höhe begründet. Eine grundsätzliche Einschränkung der Insolvenzanfechtung ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Der Schutz des Existenzminimums des Arbeitnehmers wird durch die Pfändungsschutzbestimmungen der Zivilprozessordnung und das Sozialrecht gewährleistet. Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch bezieht sich uneingeschränkt auch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Wurde dieser durch Zahlung erfüllt, enden die Rechtswirkungen des Mindestlohngesetzes. Einen Ausschluss der Anfechtbarkeit oder einen besonderen Vollstreckungsschutz hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.06.2022
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)
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